Die Fenstergitter von Madinat az-Zahra
https://doi.org/10.34780/sn2w-o84f
Abstract
Die Fenstergitter von Madinat az-Zahrä’ (936/37-1010) zeigen acht geometrische Muster, die meist auf einen Vierpaß und seine möglichen Varianten zurückzuführen sind (Gitter Nr. 1-6). Entsprechend der Grundlage ihrer geometrischen Konstruktion lassen sich sieben M uster von einem Quadrat und seinen Varianten ableiten. Dazu gehören unterschiedliche Kombinationen von Rastern (Gitter Nr. 1 und Gitter Nr. 5-7), wie auch Oktogone (Gitter Nr. 4) und achtzackige Sterne (Gitter Nr. 5). N ur ein Gitter (Nr. 8) basiert auf einem Raster gleichseitiger Dreiecke, wenn auch dieses der geometrischen Konstruktion zugrundeliegende Hilfselement bei der Ausführung nicht unmittelbar in Erscheinung tritt (Abb. 10a). Von den gleichseitigen Dreiecken leiten sich ihrerseits Flexagone und sechszackige Sterne ab, die den Aufbau des zitierten Gitters bestimmen (Abb. 10 b). Somit basieren die M uster der Fenstergitter von Madinat az-Zahrä’ auf denselben geometrischen Gesetzmäßigkeiten, die ich auch im Rahmen meiner Untersuchungen über den geometrischen Dekor des Reichen Saales (953/54—956/57) von Madinat az-Zahrä’ belegen konnte.
Weitere Übereinstimmungen mit dem Dekor des Reichen Saales lassen sich jedoch nicht so ohne weiteres nachweisen. Es scheint näherliegend, bei den kalifalen Fenstergittern der Großen Moschee von Cordoba nach verwandten Motiven zu forschen. Um so mehr überrascht, daß sich dort - mit einer Ausnahme - keine größeren Gemeinsamkeiten feststellen lassen, was darauf hindeutet, daß die Gitter von Madinat az-Zahrä’ offensichtlich auf andere Vorlagen zurückzuführen sind. Von der Moschee von Madinat az-Zahrä’, die im Jahr 941 errichtet wurde, sind Fragmente von Fenstergittern erhalten, die zwar keine vergleichbaren geometrischen Formen aufweisen, denen jedoch eine verwandte Ornamentierung der Stirn zugrunde liegt. Man darf daraus schließen, daß sowohl die Fenstergitter der Moschee von Madinat az-Zahrä’ als auch die hier besprochenen Gitter offensichtlich von denselben Werkstätten ausgeführt worden sind und somit auch demselben zeitlichen Kontext zuzuordnen sind.
Die Muster zeigen einfache geometrische Formen (z. B. Gitter Nr. 3. 4), deren Vorstufen sich teilweise von der Antike über die frühe ostumaiyadische Kunst von Hirbat al-Mafgar (1. Viertel des S.Jhs.) bis hin zur kalifalen Kunst von Córdoba und Madlnat az-Zahrä’ belegen lassen. Andere Motive wiederum sind stärker von einem Cabbäsidischen Erbe durchdrungen (z. B. Gitter Nr. 8), das über die Jahrhunderte hinweg durch m itunter nur geringfügige Veränderungen immer wieder weiterentwickelt wurde. Es scheint, daß die Kunsthandwerker, die in Madlnat az-Zahrä’ arbeiteten, diese aus dem Orient vermittelten uster kannten und sic nach lokalem Geschmack umgestalteten, wodurch letztendlich neue Formschöpfungen entstanden, die wir heute als rein kalifal ansehen.