Die phönizische Rote Ware aus Huelva
https://doi.org/10.34780/3ae1-ca6f
Resumen
Die im Laufe der letzten zwanzig Jahre in Huelva unternommenen Ausgrabungen konnten nachweisen, daß die erste Besiedlung durch die Phönizier zur gleichen Zeit erfolgt sein muß wie in den Niederlassungen der andalusischen Mittelmeerküste. Dafür sprechen die Befunde auf dem Cabezo de San Pedro und die in der Stadt gefundene Scherbe einer attischen MG II-Pyxis50 51. Es scheint sich daher zu bestätigen, daß das einheimische Substrat eine intensive und bis zu einem gewissen Grade sogar rasche Orientalisierung erfuhr, deren sichtbarster Exponent die Nekropole von La Joya ist. Außerdem ist zu bemerken, daß die Nekropole von La Joya unstreitig orientalischem Einfluß unterlag, auch wenn die ansässige einheimische Bevölkerung sich nur äußerlich gewandelt zu haben scheint, wie die in ihren Gräbern - im Verhältnis zur Drehscheibenware - viel häufiger auftretende handgemachte Ware nahelegt. Dennoch verhilft gerade die Rote Ware zu einer genaueren, früheren Datierung der Nekropole von La Joya, die bislang aufgrund eines - jetzt zu Recht angezweifelten3' - Skarabäus von Psammetich II. (595-589)r’2 in den Beginn des 6.Jhs. datiert worden war. Die phönizische Rote Ware erlaubt jetzt eine Verschiebung dieser Chronologie nach oben. Zunächst fällt das Fehlen der Teller mit breitem Rand (P3) sowie anderer Formen auf, die auf ein jüngeres Datum hinweisen würden. Im allgemeinen überwiegt die Randbreite zwischen 3 und 4,5 cm; kein Tellerrand ist breiter als 5,5 cm. Außerdem gibt es aus Grab 1 einen glockenförmigen Becher und verschiedene Amphorenständer, und aus Grab 9 eine Scherbe, die zwar einem Becher zugewiesen wird, dem Profil nach jedoch eher zu einem Thymiaterion oder einer nicht näher benennbaren Schale vom Typ C 3 a 53 gehören dürfte. Diese Keramikformen wurden in den Phasen IIb und c vom Cabezo de San Pedro und in den ältesten Niveaus von Puerto 6 gefunden, so daß diese in die 1. Hälfte des 7.Jhs. v. Chr. (MT II und l i l a) datiert werden dürfen. Das schließt jedoch eine längere Belegung der Nekropole keineswegs aus. Darüber hinaus erlaubt auch die Ausgrabung von Puerto 9 mit ihren vielen griechischen Importfunden eine recht genaue Datierung der Roten Ware aus der 1. Hälfte des 6.Jhs. v. Chr. Bisher ist die Phase III vom Cabezo de San Pedro in die Zeit zwischen 650/625 und 575/550 v. Chr. datiert worden, nicht zuletzt auch deshalb, weil erstens eine chronologische und damit kulturelle Verbindung zu der Nekropole von La Joya gesucht worden war, und zweitens, weil die Stratigraphie von San Pedro mit dieser Phase endet.
Angesichts der hier vorgelegten Ergebnisse und der Tatsache, daß die Keramikformen der Roten Ware aus der 1. Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. völlig fehlen, halten wir es nun aber für angebracht, das Ende dieser Phase III nach oben, in die Zeit 650-600 zu datieren. Bezeichnend ist zudem die Präsenz der Teller mit schmalem Rand34, die in Huelva schon immer neben jener anderen Art von Tellern vorkamen, für die die stetige Zunahme der Randbreiten typisch ist, eine Tendenz, wie sie in den phönizischen Niederlassungen der andalusischen Mittelmeerküste seit langem beobachtet werden konnte. Im Unterschied dazu lassen sich in Huelva Keramikformen nachweisen, die für die genannten Niederlassungen ganz untypisch sind, und zwar sowohl in älterer Zeit (Schalen C 1 a und C 2, Gefäße V 1) wie auch in jüngerer (Teller P 3d und Gefäße V 2). Dementsprechend sind in den Niederlassungen häufig vertretene Formen hier in Huelva kaum üblich, wie z. B. Kannen, Thymiateria, Amphorenständer usw. (vgl. Abb.3). Bezeugen diese Unterschiede nicht, daß Huelva trotz seiner Orientalisierung durch den phönizischen Handel seinen eigenständigen Charakter weiterhin bewahren konnte? Wir denken, daß die phönizische Rote Ware von Huelva für das Verständnis der phönizischen Präsenz im Süden der Iberischen Halbinsel von nicht geringer Bedeutung ist, ermöglicht sie doch die Analyse des Orientalisierungsprozesses von Tartessos.