El retrato de Divus Augustus del Municipium Turiaso (Tarazona, Zaragoza) : un palimpsesto de época trajana
https://doi.org/10.34780/dd18-jozl
Abstract
Der 16 cm hohe Sardonyx-Kopf des Augustus stellt den bedeutendsten Neufund der letzten Jahre aus der Gegend von Zaragoza dar. Er stammt aus den vom Archäologischen Museum Zaragoza unter Leitung des Autors durchgeführten Ausgrabungen im M unicipium Turiaso (modern Tarazona). Die Grabungen führten bisher zur Aufdeckung eines Wasserbeckens von kreuzförmigem Grundriß, in dem sich der Augustus-K opf fand, zusammen m it anderen wichtigen Fundstücken (u.a. Truhe mit Beschlägen aus Eisen und Bronze, Marmorkopf einer weiblichen Idealfigur, Kandelaberfuß, Votivterrakotten). Das gesamte Fundmaterial lag unter einer Zerstörungsschicht aus der M itte des 3- _Jhs. n. Chr., die mit den damaligen Barbareneinfällen Zusammenhängen wird. Die Erbauung des Wasserbeckens selbst gehört in frühflavische Zeit, in der offensichtlich überhaupt eine rege Bautätigkeit in Turiaso herrschte.
Eine eingehende Untersuchung des Bildniskopfes führt zur Feststellung verschiedener Phasen oder Zustände des Porträts, die deutlich werden an sich überlagernden Schichten in der Haarwiedergabe und an Retuschen im Gesicht - eindeutige Anzeichen mehrfacher Wiederverwendung eines älteren Kopfes. Phase A. Hierzu gehört vor allem die gesamte Frisur auf Ober- und Hinterkopf, allerdings mit Ausnahme der Stirnhaarmotive und der Haarpartie oberhalb der Ohren. Von der Erstfassung erhalten geblieben ist außerdem der physiognomische Gesamteindruck des ursprünglich Dargestellten, besonders die Form von Nase, Ohren, Kinn und Hals. Die Haartracht dieses Zustandes war die der domitianischen Zeit, sie entspricht sogar dem Typus III des Domitiansporträts selber, der zwischen 83 und 96 n. Chr. in Gebrauch gewesen zu sein scheint. Phase B. entspricht der tiefgreifenden Umarbeitung des Kopfes in ein Bildnis mit der Physiognomie des Augustus. Im Stirnhaar und seiner Umgebung wurde die Frisur gänzlich verändert, während die Überlagerung des älteren Zustandes in der dahinter liegenden Zone des Haupthaares und oberhalb der Ohren an vielen Stellen deutlich erkennbar blieb. Auch die Partie des Nackenhaares wurde einer eingehenden Veränderung unterzogen.
Die Ausarbeitung und Motive dieser neuen Frisur entsprechen ikonographisch dem Typus I des Traians-Porträts; hierher paßt auch das Abschleifen des ursprünglich stärker hervortretenden, 'tragus’ genannten Knorpels der Ohrmuschel. Der allgemeine Ausdruck aber und einzelne Züge der Physiognomie erinnern stark an Augustus; ebenso ist das Stirnhaar eine schematisierte Variante der entsprechenden Motive des Typus Primaporta. Eine Fortsetzung der Grabungen in Turiaso wird hoffentlich zu einem besseren Verständnis des Zusammenhanges führen, in den dieses Bildnis gehört, das wegen seiner Größe und seiner Technik einen außergewöhnlichen Fall innerhalb der römischen Porträtkunst darstellt. Sein Herstellungsort war sicherlich Rom selbst; in vollständigem Zustand muß man es sich wahrscheinlich in eine mit Paludament oder Chlamys bekleidete Büste eingesetzt vorstellen. Möglicherweise trug der Kopf außerdem ein Insigne, etwa eine Strahlenkrone oder einen Lorbeerkranz.