Latène-Artefakte im hellenistischen Kleinasien: ein problematisches Kriterium für die Bestimmung der ethnischen Identität(en) der Galater
https://doi.org/10.34780/cv8dr265
Abstract
Im vorliegenden Aufsatz wird die Bedeutung von Latène-Artefakten für die Bestimmung der ethnischen Identität der Galater untersucht, die im 3. Jh. v. Chr. nach Anatolien einwanderten. Obwohl nur wenige solcher Objekte in Kleinasien gefunden wurden, betrachtet man sie gewöhnlich als Belege für die galatische Präsenz in Zentralanatolien sowie zum Teil auch für ihren fortgesetzten Kulturaustausch mit der europäischen Keltike. Diese Ansicht hält aber einer genaueren Prüfung nicht stand. Erstens erweist sich der Ausdruck ›galatische Keramik‹ als irreführend, da jegliche Latène-Einfl üsse fehlen; besser wäre es also, von ›phrygisch-hellenistischer‹ oder ›pontisch hellenistischer Keramik‹ zu sprechen. Zweitens kann keine einzige Latène Fibel einem Individuum der drei galatischen Großstämme zugewiesen werden; geographische und chronologische Implikationen weisen vielmehr auf osteuropäische Rekruten Attalos I. (ca. 240–197 v. Chr.) oder späterer hellenistischer Könige hin. Drittens steht die Architektur galatischer Hügelgräber in einer anatolisch-phrygischen Tradition; während Grabbeigaben im Latène-Stil bei den Trokmern und Tektosagen durchweg fehlen, entbehrt bislang auch – entgegen anders lautender Behauptungen – eine solche Zuschreibung an die Tolistobogier einer tragfähigen materiellen Grundlage. Mithin ergibt sich, dass die drei galatischen Stämme keine regelmäßigen Nutzer, geschweige denn Produzenten, von Latène Objekten waren. Trifft dies zu, dann muss aber auch der Ursprung der galatischen Ikonographie der bedeutenden Siegesmonumente von Pergamon neu erklärt werden.
Schlagwörter:
Galatien, Latène-Objekte, sog. galatische Keramik, Grabtumulus, Fibel