Das Leto-Heiligtum in Asarcık am Xanthostal. Zur sog. Akkulturation in Lykienanhand seiner frühen Tempelbauten

mit einem epigraphischen Beitrag von Recai Tekoğlu

https://doi.org/10.34780/110ja284

Autor/innen

  • Fahri Işık [Autor/in]

Abstract

Ein Felskultplatz auf der Südwestspitze der kleinen Bergsiedlung Asarcık am Xanthostal definiert zugleich den mit ihm in unmittelbarer Verbindung stehenden rechteckigen Komplex als einen Sakralbau. Dies bestätigt sich durch eine dort gefundene Inschrift, die den Platz als »heiligen Ort und Tempel der Leto« bezeichnet, welches gut zum Wesen der mit der Großen Göttin Altanatoliens gleichgesetzten Muttergöttin der Lykier passt. Als Eigenart anzusprechen für den frühen lykischen Tempel generell ist, dass er einen kleinen, bescheidenen Grundriss hat, keinen kanonischen Altar vor dem Eingang besitzt und mit einer in altanatolischer Tradition gestalteten, offenen Felseinrichtung in Verbindung steht. Er weist keine Überhöhung und keine Standfläche in Form eines Stylobats auf. Ebenso regelhaft ist seine Orientierung nach Süden. Der aus vergänglichem Fachwerk bestehende Oberbau gibt einen Hinweis darauf, weshalb von frühen Tempeln in Lykien – so wie hier – nur wenig bekannt ist und stellt die These, dass für ein lykisches Heiligtum archaisch-klassischer Zeit »nicht das Tempelgebäude, sondern der offene Bezirk mit einem Felsaltar charakteristisch« sei, in Frage. Die Typen, die sich in »Sekos«, Oikos und Antenbau unterscheiden, gehen – ähnlich wie die lelegischen aus dem benachbarten Karien – auf den Einfluss der ionischen Sakralbauten der Archaik zurück. Der in Asarcık auch inschriftlich belegte, im Grundriss charakteristische Tempel der Göttertrias der lykischen Nation – der Letoiden – mit Trinaos und einem gemeinsamen Vorraum ist in dieser Landschaft ebenso als Turmgehöft oder Reihenhaus bekannt. Er braucht daher typologisch nicht auf einen fremdländischen Einfluss zurückgeführt zu werden. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass bei der Errichtung und Einrichtung der frühen lykischen Heiligtümer als Tempelgebäude und Felskultplatz künstlerisch und gedanklich die einheimische anatolische Kultur und der indigene Glauben entscheidend waren und von einer Akkulturation – im Sinne der von Griechenland eingeführten fremden Formen- und Gedankenlehre – nicht die Rede sein kann. Daher sollte auch von einer begrifflichen Gleichsetzung der anatolisch-ionischen Kunst mit der helladisch-dorischen abgesehen werden.

Schlagwörter:

Lykien, Asarcık, Leto-Heiligtum, Tempel, Akkulturation

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Veröffentlicht

2024-11-27

Zitationsvorschlag

Işık, F. (2024) “Das Leto-Heiligtum in Asarcık am Xanthostal. Zur sog. Akkulturation in Lykienanhand seiner frühen Tempelbauten: mit einem epigraphischen Beitrag von Recai Tekoğlu”, Istanbuler Mitteilungen, 60, pp. 81–115. doi:10.34780/110ja284.