The Heracles Sarcophagus from Geneva
Workshop, Date, Provenance and Iconography
https://doi.org/10.34780/eb59-75e9
Abstract
(M. Waelkens) Ein 2009 in Genf konfiszierter Sarkophag mit Heraklestaten wurde im Herbst 2017 dem Museum in Antalya übergeben. Der Aufsatz gibt eine genaue Beschreibung des Sarkophags. Anschliessend wird nachgewiesen, dass die dokimenische Sarkophagwerkstatt nicht nur die kleinasiatischen Säulensarkophage produzierte, sondern auch verschiedene Sondertypen, z. B. die sogenannten ›pamphylischen‹ Girlandensarkophage. Die Aktivität der Werkstatt lässt sich ab etwa 120 n. Chr. genau verfolgen. Deren Produktion wird über fünf Jahrzehnte, bis etwa 170 n. Chr., detailliert besprochen und in manchen Fällen neu datiert. Daraus ergibt sich, dass es nie Zweigwerkstätten gegeben hat und auch keine Praxis existierte, die Sarkophage in halbfertigem Zustand zu versenden und von mitreisenden oder lokalen Steinmetzen am Bestimmungsort ausarbeiten zu lassen. Der Sarkophag aus Genf gehört zu einer Gruppe von Säulen- und Friessarkophagen mit der Darstellung des Dodekathlos des Herakles, die um 150 – 170 n. Chr. für den Export nach Rom und in verschiedene Landesteile Kleinasiens, überwiegend nach Pamphylien, hergestellt wurden. Der römische Markt importierte jedoch anscheinend nur Säulensarkophage, wobei Kasten mit Ecksäulen / Pilastern dort ausschließlich als kleine Graburnen benutzt wurden. Grosse Kasten mit Ecksäulen fanden hingegen nur in Kleinasien als Friessarkophage einen Absatz. Der Genfer Sarkophag bildet mit einem entsprechenden Sarkophag aus Perge, einem Friessarkophag aus Caesarea / Kayseri und vier Säulensarkophagen aus Athen, Perge und Rom eine so eng geschlossene Gruppe, die dazu öfters die Aktivität derselben Künstler nachweisen lässt, dass er genau um 160 n. Chr. datiert werden kann. Seine ursprüngliche Herkunft war sicher Perge, wo er vermutlich zusammen mit einem etwa gleichzeitigen Sarkophag derselben Gruppe illegal ausgegraben wurde.
(L. E. Baumer) In der Reihe der dokimenischen Sarkophage mit den zwölf Heraklestaten bietet das neue Exemplar eine der konsequentesten Darstellungen. Gemäß dem üblichen Verteilungsprinzip sind auf der ersten Langseite fünf der sechs ›peloponnesischen‹ Abenteuer versammelt, die auf der nachfolgenden Kurzseite mit den Augiasställen abgeschlossen werden. Auf der zweiten Langseite folgen fünf der ›internationalen‹ Taten, die auf der anderen Kurzseite mit Herakles’ Rückkehr von den Hesperiden enden. Die beiden Szenenfolgen sind auf der ersten Kurzseite mit Omphale und dem leierspielenden Herakles getrennt, während der Heros auf der rechten Hälfte der zweiten Kurzseite mit einer auffälligen Vielzahl von Attributen ausgestattet ist. Dies erlaubt, die Darstellung als den vergöttlichten Helden und die Frauenfigur in der Mitte folglich als Hebe zu deuten. Die ikonographische Untersuchung ermöglicht es, die vergleichsweise geringe Zahl der Figurenvorlagen zu identifizieren, die von den Bildhauern verwendet wurden und auch auf anderen Sarkophagen derselben Gruppe auftauchen. Sie gewähren einen aufschlussreichen Einblick in die Konzeption und die Zusammenarbeit bei der Ausarbeitung der Sarkophage in derselben Werkstatt. Die naturwissenschaftlichen Untersuchungen lassen vermuten, dass der Sarkophag in der Antike bemalt gewesen war, doch ist eine zuverlässige Rekonstruktion der Polychromie leider nicht möglich.
Schlagwörter:
Sarkophag, Werkstatt, Kaiserzeit, Dokimeion, Herakles