Gab es eine Finanzkrise in den späten Jahren des Augustus?
Münzprägung, Soldaten und Finanzströme im frühen Prinzipat
https://doi.org/10.34780/cdj9-ej57
Abstract
Ausgehend von einer durch numismatische Methodik nicht adäquat abgesicherten Quantifizierung der neu ausgeprägten Münzen hat sich für die Spätzeit des Augustus in der althistorischen Forschung das Bild eines Liquiditätsengpasses gefestigt. Als «unzureichende Staatsfinanzen», «Phase der Deflation» oder gar allgemeine «Depression» erfuhr die These schärfere Ausdeutung und wirkt signifikant auch auf die Erklärung anderer politischer Vorgänge ein. Eine Überprüfung des numismatischen Befunds zeigt jedoch eher ein Anwachsen der bereitgestellten Liquidität, und auch die schriftliche Überlieferung vermag die These einer staatlichen Finanzkrise nicht zu tragen. Vielmehr sind – vor dem Hintergrund des neu entstandenen Berufsheeres sowie der Provinzteilung zwischen Prinzeps und Senat – die späten Jahre des Augustus von einer Neuorganisation der staatlichen Finanzen bestimmt: Diese stellte die Handlungsfähigkeit des aerarium Saturni wieder her, sicherte die Veteranenversorgung durch die Institutionen der res publica und glich Belastungsunterschiede zwischen Nichtbürgern und Bürgern aus. Zugleich förderte sie die Monetarisierung der dem Reich neu gewonnenen Peripherie und näherte die regional teils asymmetrischen Ströme von Einnahmen und Ausgaben unterschiedlicher Zweckbindung einem Ausgleich an, der nicht zuletzt zahlreiche Geldtransporte erübrigte.