Die clades Lolliana, eine übersehene Legendenvariante auf Denaren des Augustus und das Gelübde pro salute et reditu des Jahres 16 v. Chr.
https://doi.org/10.34780/29vw-v22e
Abstract
Dieser Beitrag analysiert und kontextualisiert eine zwar bereits 1913 belegte, jedoch in den Standardzitierwerken bis heute nicht verzeichnete Variante eines Denartyps des Augustus aus einer westlichen Münzstätte. Die drei bekannten Exemplare zeigen auf der Rückseite ein Standbild des jugendlichen nackten Mars mit vexillum und parazonium. Im Unterschied zu den bisher diskutierten Stücken des Typs (RIC I2 Augustus 153) ist auf den hier untersuchten Münzen das letzte Wort der vierzeiligen Reverslegende ausgeschrieben, was die Gesamtrekonstruktion der Münzinschrift ermöglicht: VOT(um) P(ublice) SVSC(eptum) PRO SAL(ute) ET RED(itu) I(ovi) O(ptimo) M(aximo) SACRVM. Diese Münzen stehen im Avers-Stempelverbund mit Denaren desselben Grundtyps, deren Reversinschrift aber auf SACR endet, weshalb ihr Wortlaut bisher unterschiedlich ergänzt wurde. Die neue Evidenz gibt Anlaß zu einer Neubewertung des historischen und numismatischen Kontexts der gesamten Münzgruppe. Die Reverslegende dieser Stücke kommemoriert ein bei Cassius Dio (54, 19, 7) erwähntes Gelübde, das anläßlich des Aufbruchs des Princeps in den Westen unmittelbar nach der Niederlage des Lollius 16 v. Chr. in Rom abgelegt und ebendort 13 v. Chr. durch die Veranstaltung von Votivspielen für Iuppiter Optimus Maximus eingelöst wurde (CIL VI 386). Die auf den westlichen Münzen gezeigte Marsstatue weist große Ähnlichkeiten zu jenem Standbild des Gottes auf, das 16 v. Chr. auf stadtrömischen Denaren des Münzmeisters L. Mescinius Rufus erscheint (RIC I2 Augustus 351–353, 356); dort steht es auf einer Basis, deren Inschrift dasselbe Gelübde dokumentiert: SPQR V(otum) P(ublice) S(usceptum) PR(o) S(alute) ET / RED(itu) AVG(usti). Das städtische Münzbild stellt offenbar eine Statue des Kriegsgottes dar, die anläßlich des Auszuges des Augustus nach der clades Lolliana im Zusammenhang mit der Ablegung des Gelübdes in Rom errichtet wurde. Die Wahl des Mars erklärt sich mit der allgemeinen Erwartung, daß der Kaiser einen Rachefeldzug gegen die Germanen führen würde.