Der König und die Rebellen
vom Umgang der Ptolemäer mit strittigen Eigentumsfragen im Gefolge von Bürgerkriegen
https://doi.org/10.34780/jbff-eb70
Abstract
Zu Beginn des 2. Jh. v. Chr. erließ Ptolemaios V. Epiphanes zwei Amnestiegesetze, durch die er die langandauernden Auseinandersetzungen mit den ägyptischen Aufständischen zu beenden hoffte, die unter den einheimischen Pharaonen Haronnophris und Chaonnophris sogar in ein thebanisches Sonderreich gemündet waren. Das erste Dekret aus dem Frühjahr 196 v. Chr., das nach dem Etappensieg der ptolemäischen Streitkräfte über die unterägyptischen Rebellen erging, ist nicht überliefert; von dem zweiten, mit dem der zwanzigjährige Bürgerkrieg im Jahr 186 v. Chr. seinen endgültigen Abschluß fand, sind durch P.Köln VII 313 wenigstens einige Partien bekannt. Während dieser langen Zeit war es auf allen Seiten zu Besitzveränderungen gekommen, was auch in den Amnestiegesetzen entsprechende Bestimmungen erwarten ließ. Die diesbezüglichen Regelungen lassen sich nunmehr rekonstruieren, und zwar einerseits aus einem bislang mißverstandenen Passus des in der sog. Rosettana erhaltenen Priesterdekretes von Memphis, der offenbar den Amnestieerlaß von 196 v. Chr. wörtlich zitiert (I.Prose I 16, G 19 f.), andererseits aus Papyrusdokumenten der 180er Jahre, die sich auf die entsprechenden Partien des jüngeren Amnestiegesetzes beziehen. Danach wurde von Ptolemaios V. in beiden Fällen gleich entschieden, nämlich der Ist-Zustand im Moment der Verkündung des Amnestiegesetzes als maßgeblich anerkannt – vorausgesetzt, der Besitzer hatte rechtmäßig erworben und dies bereits aktenmäßig verbuchen lassen. Offenbar war ein solcher Schlußstrich unter alles Vorausgegangene unvermeidlich erschienen, um einen auf lange Sicht erfolgreichen Befriedungs- und Aussöhnungsprozeß einzuleiten. Da dies für alle Bürgerkriegsparteien gleichermaßen galt, sollte es unter Umständen allerdings auch den eigenen Parteigängern erhebliche Opfer abverlangen.