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Zum Ares Borghese
1Der Ares Borghese war Gegenstand von zwei Beiträgen in der jüngeren Literatur. Avagliano hat 2011 eine Rekonstruktion der Attribute der eponymen Replik im Louvre vorgenommen und eine Deutung der Originalstatue als Theseus vorgeschlagen[1]. Stewart hat 2016 die Deutung als Ares bekräftigt, nach Parallelen für ein vieldiskutiertes Detail dieser Statue gesucht und das Original als Teil einer Kultbildgruppe verstanden[2]. Im vorliegenden Beitrag[3] geht es weniger um Fragen der Deutung oder der möglichen Aufstellung des Originals. Dagegen sollen die Ergebnisse einer eingehenden Autopsie der eponymen Replik mitgeteilt und der Quellenwert dieser Statue durch den Vergleich mit den übrigen Repliken präzisiert werden. Nur eine Zustandsbeschreibung[4] der eponymen Replik ermöglicht Aussagen zu ihren verlorenen Attributen und nur Kopienkritik kann ermitteln, ob diese Statue Details verlässlich überliefert. Avagliano und Stewart geben weder das eine noch das andere. Im Anschluss daran soll die kunstgeschichtliche Stellung des Typus gefestigt und dessen Rezeption in der Kaiserzeit untersucht werden.
Zustandsbeschreibung des sog. Ares Borghese
Paris, Louvre Ma 866 – Abb. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8
2Aus den Sammlungen Ceoli und Borghese[5]. Pentelischer Marmor[6]. Abmessungen: Höhe (ohne Plinthe): 205 cm. Höhe Sohle – Gliedansatz: 99,5 cm. Höhe Sohle – Halsgrube: 163 cm. Höhe Pubes – Halsgrube: 61 cm. Höhe Kopf (Kinn – Helmkalotte): 32 cm. Höhe Gesicht (Kinn – Helmstirnspitze): 20 cm. Höhe Palmstammstütze: 81 cm.
3Ergänzungen[7]: Die Einfassung der Plinthe (von der Plinthe selbst ist nur eine dreieckige Fläche zwischen den Füßen und der Stütze antik), die großen Zehen beider Füße sowie die Spitzen der benachbarten zwei Zehen des rechten Fußes, der Penis, alle Finger der rechten Hand, die Stütze zum rechten Handgelenk[8], der linke Arm ab oberhalb des Ellbogens (mit Klammerflicken zum Oberarm außen), die Nasenspitze, die rechte Hälfte des obersten Schuppenrings der Palmstammstütze. – Ehemals ergänzt war der Helmkamm auf dem Scheitel (am Hinterkopf ist der Kamm in ursprünglicher Höhe erhalten).
4Brüche: an den Zehen des rechten Fußes, am rechten Knöchel, unterhalb beider Knie, am rechten Ellbogen, oberhalb des rechten Handgelenks, oberhalb der Mitte des linken Oberarms (mit Klammerflicken an der Rückseite), ein Stück am Triceps des linken Oberarms, zwischen der Rückseite des linken Oberschenkels und der Palmstammstütze, die linke Hälfte des obersten Schuppenrings der Palmstammstütze.
5Moderne Abarbeitungen: Drei runde Stützen sind flach abgearbeitet. Eine an der linken Hüfte außen (Durchmesser: 3 cm. Höhe über der Plinthe: 102 cm). Zwei an der linken Taille in nur 1,5 cm Abstand voneinander (Durchmesser der vorderen: 2 cm. Durchmesser der hinteren: 3,5 cm. Höhe über der Plinthe: 127 cm). Distanz zwischen der hinteren Taillenstütze und der Hüftstütze: 20 cm.
6Vier moderne[9] Bohrlöcher (Durchmesser jeweils ca. 1,5–2 cm): eins an der Innenseite des rechten Unterschenkels, zwei an der Außenseite des linken Oberschenkels, eins an der Rückseite der linken Schulterkugel.
7Sonstige Bemerkungen: Der Ring über dem rechten Knöchel ist 2,5 cm breit und an der Innenseite 4 cm unterbrochen. Dies wird auf eine nachantike Beschädigung zurückgehen. – In der rechten Hand sind keine Spuren eines Objekts nachweisbar. – Die Pubes und der Wangenbart sind verrieben. – Der Rest des Helmkamms am Hinterkopf ist 2 cm breit und flacht zum Nacken hin ab. Auf dem Scheitel wird der Kamm ca. 5 cm hoch gewesen sein.
8Aus dieser Zustandsbeschreibung ergibt sich für die verlorenen Attribute: Die Statue besaß an der linken Taille zwei dicht nebeneinander platzierte Stützen, von denen die hintere fast doppelt so stark wie die vordere war. Hinzu kam eine weitere Stütze an der linken Hüfte. Aus Zahl und Disposition der Stützen folgt einerseits, dass der angewinkelte linke Unterarm einer besonderen Belastung ausgesetzt war, und andererseits, dass ein Attribut in Hüfthöhe freiplastisch gearbeitet war. Beides macht einen Schild wahrscheinlich. Weitere Attribute sind nicht nachweisbar, Rekonstruktionen mit weiterer Bewaffnung sind daher haltlos[10].
Kopienkritik
9Der Typus ist durch etliche Repliken bezeugt[11] (Replikenliste im Anhang). Dennoch ist seine Überlieferung nicht allzu gut, erstens weil die meisten Torso- und einige Kopfrepliken aufgrund schlechter Erhaltung und starker Ergänzung nur statistischen Wert haben (5, 714, 17, 2122, 26)[12], zweitens weil lediglich zwei Repliken eine überdurchschnittliche Bildhauerarbeit darstellen (4, 25).
10Im Gegensatz zur großen Mehrheit der Repliken bestehen drei Torsi (4, 1112) aus dunklem Marmor (Nero antico bzw. Bigio morato), ein für Kopien männlicher opera nobilia selten verwendetes Material[13].
11Zum Körper: Das Standmotiv der eponymen Replik (linkes Standbein, rechter Fuß vorgesetzt) wird durch zwei andere Repliken mit vollständig erhaltenen Beinen in Tripolis und Florenz (3, 4) (Abb. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17) bestätigt[14]. Der rechte Arm ist bei der eponymen Replik und bei der Replik in Tripolis (3) vollständig erhalten; er ist gesenkt und der Unterarm locker angewinkelt, sodass er im Profil parallel zum Oberschenkel ist. Der linke Oberarm der eponymen Replik ist nach hinten geführt, der Unterarm modern und waagerecht angewinkelt. Dass diese Ergänzung zutrifft, beweisen die zwei abgearbeiteten Stützen an der linken Taille sowie die Repliken in Tripolis (3) und im Vatikan (6), bei denen der linke Arm vollständig bzw. weitgehend erhalten ist. – Die Pubes der eponymen Replik ist verrieben, scheint aber auch ursprünglich wenig detailliert gewesen zu sein[15]. Eine sorgfältig ausgearbeitete Pubes besitzen die Repliken in Tripolis und Florenz (3, 4): Sie stimmen Locke für Locke überein[16]. – Die Kopfhaltung der eponymen Replik (nach rechts gewendet und gesenkt) wird von der Replik Dresden (2) (Abb. 9. 10) bestätigt. Halsreste einiger Torso- und Kopfrepliken (z. B. 6, 18) lassen zumindest eine Rechtswendung erkennen. Dagegen ist bei der Replik in Tripolis (3) der Kopf nach links gewendet und erhoben. Diese gravierende Veränderung[17] des Typus kann nicht erklärt werden[18]. Hinzu kommt, dass die Beine dieser Replik fast 4 cm länger als die der Repliken in Paris und Florenz (1, 4) sind[19]. Dennoch ist hervorzuheben, dass die Pubes lockengleich mit der Replik in Florenz (4) ist. Die Replik in Tripolis muss als singuläre Variante des Typus gelten.
12Zu den Attributen: Schwertgurt und Schwert sind nur vereinzelt bezeugt und daher Kopistenzutaten[20]. – Ein Schild ist für die Repliken in Tripolis und im Vatikan (3, 6) durch den Bügel am linken Unterarm gesichert. Bei der Replik in Tripolis (3) ist aufgrund eines Dübellochs im Bügel ein angestückter Bronzeschild anzunehmen. Bei der Replik im Vatikan (6) verhindern Ergänzungen weitere Aussagen. Für die eponyme Replik lassen abgearbeitete Stützen auf einen Marmorschild schließen (s. o.). Ein Stützenrest am linken Oberarm der Replik in Side (15) scheint auf einen Marmorschild hinzudeuten[21]; hierfür notwendige Stützen an der linken Körperseite sind aber nicht nachweisbar. – Eine Lanze ist nur für die Replik in Tripolis (3) bezeugt: Sie war im unteren Drittel aus der Statuenstütze gearbeitet und durch eine Stütze am linken Oberschenkel gesichert. Dagegen ist bei keiner anderen Replik eine Stütze am linken Bein oder ein Lanzenschaft an der Statuenstütze[22] vorhanden. Wenn überhaupt, war ein Bronzespeer angefügt. Als Alternative wäre möglich, dass die linke Hand einen Griff an der Schildinnenseite hielt[23]. – Der Ring über dem rechten Knöchel erscheint nur bei der eponymen Replik. Die Repliken in Tripolis und Florenz (3, 4), beide mit vollständig erhaltenen Beinen, weisen weder einen Ring noch die geringste Spur eines eventuell angestückten Rings auf[24]. Dieser Befund lässt zunächst an eine Kopistenzutat denken. Allerdings erscheinen in der attischen Vasenmalerei des 5. Jhs. mehrfach Männer wie auch Jünglinge mit einer um den Knöchel gebundenen Binde[25]. Sollte der Ring bzw. die Binde des Ares Borghese ein originäres Detail sein, stellt sich die Frage, weshalb es nicht einheitlich überliefert ist. Diese Frage stellt sich umso mehr, da beispielsweise der in Größe und Form vergleichbare Reif am linken Oberarm der Aphrodite Typus Arles einheitlich überliefert ist[26]. Es ließe sich nur spekulieren, dass die Binde nicht jedes Mal, wenn Abgüsse des Originals hergestellt wurden, mit abgeformt wurde, dass also nicht allen Kopisten eine Vorlage mit diesem Detail zur Verfügung stand[27]. Im Hinblick auf die Vasenbilder käme nur eine Deutung als Schmuckstück infrage[28].
13Zum Kopf: Die Lockendisposition der eponymen Replik (1) ist simpel: Das Stirnhaar teilt sich in zwei symmetrische Gruppen länglicher Locken, die den Helmrand begleiten und auf Höhe der äußeren Augenwinkel zum Schläfenhaar überleiten. Dieses ist schlaff gewellt und reicht bis unterhalb der Ohrläppchen hinab. Die Lockendisposition wird von allen hinlänglich erhaltenen Repliken bestätigt. Allerdings erweist sich die eponyme Replik hinsichtlich der Schläfenlocken im linken Profil als leicht vereinfacht: Gegenüber ihren gleichförmig gereihten Strähnenenden[29] ist die kleine Zange, die die Repliken in Dresden, Tripolis, Pisa und im Museo Nazionale Romano (2, 3, 18, 20) (Abb. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 20. 21. 22. 23) aufweisen, eindeutig die bessere Überlieferung. Eine Sonderstellung nimmt die Replik in Wien (23) (Abb. 24. 25) ein: Sie besitzt eine abweichende Lockendisposition[30], die angesichts der guten Arbeit nicht als Vereinfachung abgetan werden kann. – Hinsichtlich der Disposition des nach vorn gestrichenen Nackenhaars im linken Profil stimmen die Repliken in München und Pisa (16, 18) (Abb. 18. 19. 20. 21) am besten überein und sind der dort eher summarischen Arbeit der eponymen Replik vorzuziehen. – Der Wangenbart ist bei der eponymen Replik verrieben[31], doch im Streiflicht[32] ist erkennbar, dass er wie bei den Repliken in Pisa, im Museo Nazionale Romano, in St. Petersburg und Ephesos (18, 20, 24, 25) aus Ringellöckchen gebildet war und vom Helmgurt durchquert wurde. Hervorzuheben ist der minutiös ausgearbeitete Bart der Replik aus Ephesos (25), dessen Löckchendisposition im linken Profil mit der Replik in Pisa (18) übereinstimmt. Bei der Replik in München (16) wurde auf den Gurt verzichtet und der Bart wie Flaum formuliert; bei der Replik in Dresden (2) ist der Bart nicht sicher nachweisbar[33]. – Der Helm[34] wurde bei der Replik im Museo Nazionale Romano (20) variiert: Der in Voluten endende Stirnbügel ist nicht flach und bandförmig, sondern der Kalotte wie ein Diadem vorgeblendet. Damit wurde der Helm einem Helmtypus angeglichen[35], der in der kaiserzeitlichen Repräsentationskunst geradezu omnipräsent ist[36]. – Der reliefierte Helmdekor fehlt bei den Repliken in Tripolis und Athen (3, 14) und könnte aufgemalt gewesen sein. Die Motive[37] sind sonst einheitlich überliefert. – Auf dem Scheitel der eponymen Replik (1) befand sich ein 2 cm breiter und ca. 5 cm hoher Kamm, der zum Nacken hin abflachte. Die Replik in Pisa (18) besaß einen identischen Kamm[38]. Dagegen tragen mehrere Repliken eine Sphinx: Bei der Replik in Dresden (2)[39] verdeckt sie mit den Vorderläufen die Köpfe der Greifen auf der Kalotte; zudem liegt sie nicht in der Längsachse des Helms, sondern ist leicht nach links gedreht: Statue und Sphinx haben also in verschiedene Richtungen geblickt. Bei der Replik in St. Petersburg (24) (Abb. 26. 27) liegt die Sphinx weiter hinten; Die Fläche zwischen Sphinx und Stirnbügel wurde mit einer Palmette gefüllt. Kurioserweise ist auch diese Sphinx leicht nach links gedreht. Bei der Replik in München (16) lag die Sphinx ebenso weit hinten wie bei der Replik in St. Petersburg (24), aber auf der Längsachse des Helms. Eine Palmette füllt auch hier die Fläche zwischen Stirnbügel und Sphinx. Bei der Replik in der Centrale Montemartini (19) liegt die kleine Sphinx weit vorne und dient als Helmbuschträger. Die Repliken in Tripolis (3) und im Museo Nazionale Romano (20) tragen einen einfachen Helmbusch. Die wechselnde Größe und Positionierung der Sphingen gibt sie als Kopistenzutat zu erkennen. Für das Original kommt nur der Kamm infrage: Er ist zweimal in identischer Größe bezeugt und hat zudem eine direkte Parallele bei einem griechischen Bronzehelm des 5. Jhs. in London[40].
14Fazit: Die eponyme Replik (1) gibt eine verlässliche Anschauung des Originals. Dies betrifft in erster Linie den statuarischen Aufbau und die Haltungsmotive. Dagegen ist sie in der Überlieferung detaillierter Lockendispositionen der Pubes und des Schläfenhaars im linken Profil anderen Repliken, speziell denen in Florenz und Pisa (4, 18), unterlegen. Hinsichtlich der Attribute kann nur ein Schild am linken Arm als verbindlich gelten; Rekonstruktionen mit weiterer Bewaffnung sind durch keinen Befund gerechtfertigt[41]. Der Ring über dem rechten Knöchel, obwohl nur einmal überliefert, kann durchaus auf das Original zurückgehen.
Deutung und Datierung
15Der Typus des Ares Borghese gilt als bedeutendste statuarische Darstellung des Kriegsgottes aus hochklassischer Zeit[42]. Allerdings wurde die Deutung als Ares in der jüngeren Literatur zugunsten einer Deutung als Theseus angefochten[43]. Tatsächlich sind aus der Statue selbst keine zwingenden Argumente für die Ares-Deutung zu gewinnen[44]. Sie ist aber kaum zu bezweifeln, nicht nur weil die Theseus-Deutung auf schwachen Gründen basiert[45], sondern auch weil der Typus in der römischen Kaiserzeit als Ares verstanden wurde. Dies beweist die Replik in Dresden (2), die mit einer Aphroditestatue gruppiert war und demnach nur Ares darstellen kann.
16Die Identifizierung des Originals mit dem von Pausanias erwähnten Ares des Alkamenes[46] ist seit Furtwängler[47] in der Forschung fest verankert. Die Zuschreibung an Alkamenes ist verlockend, da dessen Ares die einzige literarisch bezeugte Ares-Statue dieser Zeit ist und die grundsätzliche Verschiedenheit im statuarischen Aufbau von Ares Borghese und polykletischen Statuen oft hervorgehoben wurde[48]. Dennoch: Die Zuschreibung ist nach wie vor unbeweisbar, da kein anderer männlicher Typus sich mit einiger Wahrscheinlichkeit auf Alkamenes zurückführen lässt und verglichen werden könnte. Es erscheint daher sinnvoll, den Ares Borghese ohne Meisterzuschreibung stilkritisch zu beurteilen. Entscheidend sind hierbei das Standmotiv und die Gestaltung der Haare.
17Im Hinblick auf das Standmotiv hat Bol[49] klargestellt, dass der seit Furtwängler[50] wiederholt angestellte Vergleich[51] mit dem Antretenden Diskobol in die Irre führt: Obwohl jeweils beide Füße mit ganzer Sohle auftreten und das rechte Bein vorgesetzt ist, wird zwischen Stand- und Spielbein unterschiedlich differenziert. Während beim Ares Borghese die Körperlast eindeutig nur vom linken Bein getragen wird[52], verteilt sie sich beim Diskobol auf beide Beine, da dessen linkes Bein schwach gebeugt ist. Der Stand des Ares ist fest, der des Diskobol transitorisch. Die Stellung der Füße des Ares[53] findet die beste Parallele beim Dresdner Zeus[54], wenngleich der rechte Fuß des Zeus längst nicht so weit wie der des Ares nach vorne gesetzt ist.
18Die Pubes des Ares ist durch eine vertikale Teilung gekennzeichnet. Damit unterscheidet sie sich von der Pubes des Doryphoros[55] und des Diomedes Typus Cumae-München[56]. Eine ›gescheitelte‹ Pubes lässt sich auch beim polykletischen Diadumenos[57] (Abb. 28) beobachten, wenn auch dort die mittleren Löckchen nicht ganz so symmetrisch organisiert sind wie beim Ares.
19Im Hinblick auf die Disposition des Stirnhaars steht der Ares einem originalen Knabenkopf des späten 5. Jhs. in Athen[58] nahe. Trotz der Bestoßungen ist zu erkennen, dass sich das Stirnhaar in zwei symmetrische Gruppen länglicher Locken teilt, die zu den Schläfen hin gestrichen sind. Das Schläfenhaar ist beim Knabenkopf aber voller und in sich bewegter als beim Ares. Dessen schlaff gewelltes Schläfenhaar sowie das nach vorn gestrichene Nackenhaar finden die beste Parallele bei dem Jünglingskopf auf einer attischen Grabstele des späten 5. Jhs.[59] (Abb. 29).
20Aufmerksamkeit verdient zudem der Wangenbart des Ares. Die stilistische Eigentümlichkeit seiner Ringellöckchen wird insbesondere im Vergleich mit dem aus Sichellöckchen gebildeten Wangenbart des Diomedes Typus Cumae-München evident. Sehr ähnliche Ringellöckchen erscheinen aber im Bart des Periklesporträts[60] im Bereich unter den Ohren.
21Diese Detailvergleiche deuten darauf hin, dass das Original des Ares Borghese im Jahrzehnt 430/420 v. Chr. entstanden ist. Diese Datierung entspricht der Communis Opinio[61], sodass die Alkamenes-Frage weiterhin im Raum steht. Festzuhalten ist jedenfalls, dass der Ares Borghese der am häufigsten kopierte nicht-polykletische Typus der hochklassischen Zeit ist und demnach von eminenter Bedeutung für die Kenntnis männlicher Idealplastik des späteren 5. Jhs. v. Chr. ist. Im ›Kopienvorrat‹ gibt es Belege mindestens einer weiteren Ares-Statue dieser Epoche, die sich aufgrund ihrer schlechten Überlieferung aber kaum vergleichen lässt[62].
Umdeutungen
22Bei fünf Bildnisstatuen (2731), drei Heraklesstatuen (3234) und einer Asklepiosstatue (35) geht aus der Größe und dem statuarischen Aufbau hervor, dass der Typus des Ares Borghese zugrundeliegt.
23Bildnisträger: Der Typus wurde sowohl für Kaiser (2728)[63] als auch für Privatpersonen (2930) verwendet, und das von hadrianischer Zeit bis Mitte des 3. Jhs. n. Chr. Bei dem Torso aus Ephesos (27), der durch die Plintheninschrift als Bildnisstatue des Lucius Verus gesichert ist, und der um 250 n. Chr. entstandenen Bildnisstatue in der Centrale Montemartini (29) wurde dem Typus eine Chlamys[64] hinzugefügt. Die Bereicherung um eine Chlamys findet sich auch bei dem Torso im Vatikan (31), der daher gleichfalls ein Bildnisträger gewesen sein wird. – Die charakteristische Kopfneigung des Typus wurde bei einer antoninischen Bildnisstatue im Museo Nazionale Romano (30) und bei der Bildnisstatue Hadrians in den Musei Capitolini (28) (Abb. 30) übernommen, bei der späten Bildnisstatue in der Centrale Montemartini (29) dagegen zu einer aufgerichteten Kopfhaltung verändert. Diese drei Porträts tragen Helme, wobei die der antoninischen und der späten Bildnisstatue (29, 30) keinen Bezug zum statuarischen Vorbild aufweisen. Der Helm der Bildnisstatue Hadrians (28) wiederholt den Helm des Typus, ist aber noch um einen diademartigen Stirnbügel bereichert[65]. Damit wurde der Helm einem Helmtypus angeglichen, der in der kaiserzeitlichen Repräsentationskunst geradezu omnipräsent ist[66]. Es gibt noch zwei behelmte Porträtköpfe[67] aus hadrianischer und severischer Zeit, deren Helm den des Ares Borghese wiederholt. Zweifellos stammen diese Köpfe von Statuen in dessen Typus. – Als einzige Umdeutung trägt die Bildnisstatue Hadrians (28) einen Marmorschild[68]. Sie besitzt auch eine zum Schild führende Stütze an der Hüfte, an fast derselben Position wie bei der eponymen Replik (1). Allerdings ist der Schild, dessen Durchmesser (65 cm) trotz etlicher Ergänzungen gesichert ist[69], deutlich kleiner als griechische Bronzeschilde des 5. Jhs.[70] und kann daher nicht zur Rekonstruktion der Originalstatue beitragen.
24Mythologische Figuren: Bei der Heraklesstatue im Louvre (32) (Abb. 31. 32) wurde der Körpertypus mit einem Kopf im Typus des Herakles Lansdowne[71] kombiniert. Die dem Herakles Lansdowne eigene Kopfwendung nach links wurde der Kopfhaltung des Typus des Ares Borghese angeglichen. Die zahlreichen Stützenreste dieser Statue lassen auf mehrere Attribute schließen[72]. Die Heraklesstatue in Kopenhagen (34) (Abb. 33. 34. 35) weist einen gesenkten linken Arm auf, der mit einer Keule ausgestattet wurde. Sie ist mit einem Löwenfell[73] bekleidet und besitzt einen bärtigen Kopf, der dem Kopf des Ares Borghese in der Haltung gleicht, aber keinem bekannten Typus zuzuweisen ist.
25Typologisch nicht bestimmbar ist auch der bärtige Kopf der Asklepios-Umdeutung (35) (Abb. 36. 37. 38). Er ist nach rechts gewendet, aber nicht gesenkt. Die Armhaltung entspricht dem statuarischen Vorbild, nur hält die rechte Hand eine Buchrolle, während die linke einen großen Stock umfasst, an dem sich eine Schlange emporwindet. Hinzu kommt, dass der Typus mit einem Himation[74] bekleidet und mit einer Hygieiastatue im Typus der Aphrodite Capua zu einer Gruppe kombiniert wurde. Es ist offensichtlich, dass diese Gruppe dem ›Schema‹ von Mars-Venus-Gruppen entspricht, für die mehrfach der Typus des Ares Borghese verwendet wurde, und zwar sowohl mit Idealkopf (2) als auch mit Porträtkopf (30)[75]. Für den Mars solcher Gruppen konnten auch andere Typen kopiert werden[76]; ein gemeinsames Vorbild der Gruppen hat daher nicht existiert[77].
26Gründe, die jeweils zur Umdeutung des Typus des Ares Borghese geführt haben, lassen sich kaum ermitteln. Im Falle der Bildnisstatuen wird aber durchaus der Darstellungsinhalt eine Rolle gespielt haben, da der Kriegsgott eine Identifikationsfigur für hochrangige Militärs bot. Umdeutungen als Herakles sind sonst nur vereinzelt belegt[78]; mit drei Beispielen wurde der Ares Borghese deutlich öfter als andere Typen derart umgedeutet. Umdeutungen als Asklepios sind sonst nicht nachweisbar.
Fazit
27Die hier vorgelegten Beobachtungen betreffen den Typus des sog. Ares Borghese, der auf eine Statue des Ares aus hochklassischer Zeit zurückgeht und in etlichen römisch-kaiserzeitlichen Kopien vorliegt. Ausgehend von einer Zustandsbeschreibung der eponymen und zugleich am besten erhaltenen Replik war eine Rezension der Repliken vorzunehmen. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass die eponyme Replik eine verlässliche Wiedergabe des Originals darstellt, hinsichtlich der Lockendispositionen von Haar und Pubes aber Vereinfachungen aufweist. Die durch stilistische Detailvergleiche gewonnene Datierung ins Jahrzehnt 430/420 v. Chr. kommt der alten Zuschreibung der Originalstatue an Alkamenes entgegen, für die sich aber keine neuen Argumente geben lassen. Zwei Punkte müssen dabei hervorgehoben werden: Erstens ist der Ares Borghese die einzige Statue dieses Gottes aus hochklassischer Zeit, von der sich anhand einer breiten Kopienüberlieferung ein klares Bild zeichnen lässt. Zweitens ist er der meistkopierte nicht-polykletische Typus dieser Zeit und demnach wichtig für die Kenntnis männlicher Idealplastik des späteren 5. Jhs. v. Chr.
28Von Interesse ist der Typus außerdem wegen seiner Rezeption in der römischen Kaiserzeit. Es ist eine ganze Reihe von Umdeutungen nachweisbar: als Bildnisträger, und zwar für Kaiser- wie auch für Privatporträts, und als Herakles sowie Asklepios. Daneben fällt seine wiederholte Verwendung für Mars-Venus-Gruppen auf.
29Wurde somit ein besseres Bild von der Überlieferung und kunstgeschichtlichen Stellung des Ares Borghese gewonnen, lassen sich auf dieser Grundlage allgemeinere Fragen weiterverfolgen, beispielsweise im Hinblick auf die kaiserzeitliche Rezeption welche Typen wie umgedeutet wurden, im Hinblick auf die Ikonographie wie der Typus sich zu Ares-Statuen des 4. Jhs. verhält oder im Hinblick auf die Meisterfrage welche Details sich als Charakteristikum eines bestimmten Künstlers bewerten ließen.
Anhang: Replikenliste
30Statuen (13), Torsi (415), Köpfe (1626), Umdeutungen (2735) – Die Herkunft ist nur dann angegeben, wenn der Fundort bekannt ist oder Neues zur Provenienz gesagt werden kann. – Verkleinerte Wiederholungen sind hier nicht berücksichtigt. Dazu zählen eine Silvanus-Umdeutung in Dresden (H. Heres, in: KatDresden 2011, 489–492 Nr. 104) und zwei Bildnisträger-Umdeutungen (s. Anm. 63).
1
Paris, Louvre Ma 866, die eponyme Replik, Zustandsbeschreibung s. o. (Abb. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8)
2
Dresden, Staatliche Kunstsammlungen Hm 91[79] (Abb. 9. 10)
Maße: H 82 cm; H Gesicht 20 cm.
Statuenfragment (Oberkörper ab Taille, modern zur Büste umgearbeitet), ehemals Teil einer Mars-Venus-Gruppe. Ergänzt: Nase, linker Oberarmstumpf. Fehlend: Kopf der Helmsphinx. Helmkamm am Hinterkopf abgearbeitet[80].
3
Tripolis, Museum 13[81] (Abb. 11. 12. 13. 14. 15)
Maße[82]: H Sohle – Halsgrube 168 cm; H Sohle – Gliedansatz: 103 cm; H Pubes – Halsgrube 62 cm; H Gesicht 20 cm.
Fundort: Leptis Magna, Hadrianische Thermen.
Statue. Fehlend: Schwertklinge, Penis, Schild (Armbügel erhalten), Lanze bis auf unteres Drittel. Stützenreste an beiden Oberschenkeln (für Schwertklinge und Lanze). Dübelloch im linken Unterarm auf Höhe des Schildbügels.
4
Florenz, Galleria degli Uffizi 192[83] (Abb. 16. 17)
Maße: H Sohle – Halsgrube 163 cm; H Sohle – Gliedansatz 99,5 cm; H Pubes – Halsgrube 61 cm.
Herkunft: Rom, Villa d’Este a Montecavallo[84].
Torso (aus Nero antico). Ergänzt: Kopf mit Hals, beide Arme ab Mitte des Oberarms, Penis, rechte Zehen, Plinthe (antik zwischen linkem Fuß und Statuenstütze). Stützenrest an der linken Hüfte. Flickung unterhalb des rechten Knies.
5
Florenz, Palazzo Medici-Riccardi[85]
Maße: H ca. 210 cm.
Torso. Ergänzt: Kopf mit Hals, rechter Arm ab oberhalb des Ellbogens, linker Arm ab Ellbogen, Partie an der linken Taille, rechtes Bein ab oberhalb des Knies, linkes Bein, Statuenstütze, Plinthe. Fehlend: Genital.
6
Rom, Musei Vaticani, Museo Pio Clementino 152[86]
Maße: H (o. Pl.) 209 cm.
Torso. Ergänzt: Kopf (antik, aber fremd) mit Hals, rechter Arm ab Ellbogen, linker Arm ab der Mitte des Unterarms, Schild (Armbügel antik), Genital, linker Fuß mit einem Teil des Beins, rechtes Bein ab oberhalb des Knies, Plinthe.
7
Rom, Palazzo Barberini[87]
Maße: H (o. Pl.) 203 cm; H Pubes – Halsgrube 61 cm.
Torso. Ergänzt: Kopf[88] und Hals, rechter Arm ab Ellbogen, linker Arm ab oberhalb des Ellbogens, beide Beine, Statuenstütze, Plinthe.
8
Rom, Palazzo Odescalchi[89]
Maße: H (o. Pl.) 208 cm; H Pubes – Halsgrube 61 cm.
Torso. Ergänzt: Kopf mit Hals, beide Arme ab Mitte des Oberarms, rechtes Bein ab dem Knie, linkes Bein, Statuenstütze, Plinthe. Fehlend: Genital.
9
Rom, Palazzo Massimo alle Colonne[90]
Maße: H Sohle – Gliedansatz ca. 106 cm.
Torso. Ergänzt: Kopf, rechter Arm, linker Arm ab Mitte des Oberarms, beide Beine mit Teil der Hüfte, Statuenstütze, Plinthe. Stützenrest an der linken Taille.
10
Rom, Villa Doria Pamphilj[91]
Maße: H ca. 210 cm.
Torso. Ergänzt: Kopf mit Hals, rechter Arm mit Schulter und Brust, linker Unterarm, rechtes Bein ab oberhalb des Knies, linkes Bein ab dem Knie, Statuenstütze, Plinthe. Fehlend: Genital.
11
Anzio, Museo Civico 108.994[92]
Maße: H (o. Pl.) 186 cm.
Herkunft: Anzio, Lido delle sirene.
Torso (aus Bigio morato). Fehlend: Kopf, beide Arme ab Mitte des Oberarms, Penis, rechtes Bein ab oberhalb des Knies, rechte Plinthenhälfte. Stützenrest an der rechten Hüfte. Oberfläche stark korrodiert.
12
Aufbewahrungsort unbekannt[93]
Maße: H 165 cm.
Herkunft: Anzio(?)[94].
Torso (aus Bigio morato). Fehlend: Kopf, rechter Arm ab Mitte des Oberarms, linker Arm bis auf Ansatz, Penis, rechtes Bein ab oberhalb des Knies, linker Fuß ab oberhalb des Knöchels, Plinthe. Oberfläche stark korrodiert.
13
Norfolk (Virginia), Chrysler Museum of Art 77.392[95]
Maße: H (o. Pl.) 212 cm; H Pubes – Halsgrube 62 cm.
Herkunft: Rom, Palazzo Giustiniani.
Torso. Ergänzt: Kopf mit Hals, rechter Arm ab Mitte des Oberarms, linker Arm ab oberhalb des Ellbogens, Genital, beide Beine, Statuenstütze, Plinthe. Mehrere Flickungen im Rumpf.
14
Athen, Agora-Museum S475[96]
Maße: H 120 cm.
Herkunft: Athen, Agora.
Torso. Fehlend: Kopf (bis auf ein Fragment der Helmkalotte), rechte Schulter und Flanke, linker Arm bis auf Ansatz, rechtes Bein ab Knie, linkes Bein und Teil der Hüfte. Ovale, flache Vertiefung an der linken Taille[97].
15
Side, Museum 410[98]
Maße: H 186 cm.
Herkunft: Side, Gebäude M.
Torso. Fehlend: Kopf, linker Arm ab Mitte des Oberarms, rechter Arm ab oberhalb des Ellbogens, Penis, rechtes Bein, linkes Bein von der Mitte des Oberschenkels bis unterhalb des Knies, Plinthe. Stützenrest am linken Oberarm. Nackenstütze. Vorderseite korrodiert.
16
München, Glyptothek 212[99] (Abb. 18. 19)
Maße: H 36 cm; H Gesicht 20 cm.
Herkunft: Sammlungen Lucatelli[100] und Braschi[101].
Kopf. Fehlend (ehemals ergänzt): Nasenspitze, Helmpartie am Hinterkopf, Helmsphinx[102] bis auf linke Vorderpfote.
17
Paris, Louvre Ma 290[103]
Maße: H 0,60 m.
Kopf. Ergänzt: Nase, Stirnhaar mit Teil der Stirn und Helmrand, Großteil des rechten Ohrs, Helmkamm, Kinn, Hals und Hermenbüste.
18
Pisa, Museo dell’Opera del Duomo 1906.81[104] (Abb. 20. 21)
Maße: H 42 cm; H Gesicht 19 cm.
Kopf. Ergänzt: Nase, Helmkamm bis auf Scheitelsegment, Helmpartie am Hinterkopf, Stück am Hals.
19
Rom, Musei Capitolini, Centrale Montemartini 795[105]
Maße: H 51 cm; H Gesicht 19 cm.
Herkunft: Rom, Area Sacra des Largo Argentina (Tempel B).
Kopf. Ergänzt: Nasenspitze, Kinn. Fehlend: Kopf der Helmsphinx, Teile des Helmbuschs.
20
Rom, Museo Nazionale Romano 291[106] (Abb. 22. 23)
Maße: H 36 cm; H Gesicht 20,5 cm.
Herkunft: Rom, Tiber.
Kopf. Ergänzt: Augenbrauen und -lider, Lippen, Kinn. Fehlend: Nase, Großteil des Helmbuschs.
21
Rom, Palazzo Massimo alle Colonne[107]
Kopffragment (erhalten ist ein Teil der rechten Kopfhälfte mit dem Untergesicht), vollständig ergänzt und antikem, aber fremdem Torso aufgesetzt.
22
Aquileia, Museo Archeologico 4552[108]
Maße: H 34 cm.
Kopf. Fehlend: Nase, Kinn, Helmkalotte. Oberfläche stark verrieben.
23
Wien, Kunsthistorisches Museum I.183[109] (Abb. 24. 25)
Maße: H 25,5 cm.
Herkunft: Sammlung Rainer zu Harbach(?)[110].
Kopffragment (erhalten ist die obere Gesichtshälfte), ehemals vollständig ergänzt. Messpunkte am Helmbügel.
24
St. Petersburg, Ermitage A105[111] (Abb. 26. 27)
Maße: H 57 cm.
Herkunft: Sammlung Schuwalow[112].
Kopf. Ergänzt: Teil der Nase, rechtes Oberlid, Unterlippe, Helmsphinx[113] bis auf Vorderläufe und Brust, Helmbusch bis auf Schweif am Hinterkopf, Büste.
25
Selçuk, Museum 16/11/04[114]
Maße: H 8,3 cm.
Herkunft: Ephesos, Vedius-Gymnasion.
Kopffragment, erhalten ist das Untergesicht.
26
Antakya, Hatay Museum[115]
Maße: H 27 cm.
Herkunft: Antiocheia am Orontes.
Kopf. Fehlend: Nasenspitze. Hinterkopf kaum ausgearbeitet.
27
London, British Museum Sc 1256[116]
Maße: H (o. Pl.) 128 cm. H Sohle – Gliedansatz 102 cm.
Herkunft: Ephesos, Bouleuterion.
Torso (Unterkörper ab oberhalb des Nabels)[117]. Ergänzt: Plinthen- und Trunkpartien. Fehlend: Genital (antik angestückt).
28
Rom, Musei Capitolini 634[118] (Abb. 30)
Maße: H (o. Pl.) 212 cm. H Pubes – Halsgrube 61 cm. Schilddurchmesser 65 cm.
Herkunft: Ceprano.
Statue. Ergänzt: Nase, vordere Hälfte des Helmkamms, rechter Arm, linke Hand, Schild bis auf dem linken Arm anliegende Partie, Schildstütze (Ansatz antik), Genital, rechter Fuß, linkes Bein ab dem Knie, Statuenstütze, Plinthe. Flickungen in den Locken und am Gurt. Abgearbeitete Stützen an beiden Oberschenkeln[119].
29
Rom, Musei Capitolini, Centrale Montemartini 778[120]
Maße: H (o. Pl.) 218 cm.
Herkunft: Rom, Esquilin.
Statue, zusammengefügt aus zahlreichen Fragmenten. Ergänzt: Nasenspitze, Großteil des Helmbuschs, linker Arm ab oberhalb des Ellbogens, rechte Hand mit Schwertgriff, rechtes Bein von oberhalb des Knies bis oberhalb des Knöchels, linker Fuß mit der Hälfte des Unterschenkels, Plinthe. Flickungen im Gesicht und am Bauch. Fehlend: Penis.
30
Rom, Museo Nazionale Romano 108.522[121]
Maße: H (o. Pl.) 216 cm; H Sohle – Gliedansatz 99 cm.
Herkunft: Ostia, sog. Aula di Marte e Venere.
Statue, Teil einer Mars-Venus-Gruppe. Ergänzt: Teile des Helmbuschs, rechte Hand, Finger der linken Hand mit Schwertgriff, Penis. Flickungen am rechten Knie und Unterschenkel.
31
Rom, Musei Vaticani, Museo Chiaramonti 1570[122]
Maße: H (o. Pl.) 207 cm.
Herkunft: Studio Pacetti[123].
Torso. Ergänzt: Kopf (antik, aber fremd), beide Schultern mit oberer Brustpartie, linke Hand, Finger der rechten Hand, Stütze zum rechten Handgelenk (Ansätze antik), Vorderpartie des rechten Fußes, Plinthe (antik zwischen linkem Fuß und Statuenstütze). Flickung am linken Knie.
32
Paris, Louvre Ma 2296[124] (Abb. 31. 32)
Maße: H (o. Pl.) 207 cm. H Pubes – Halsgrube 59 cm.
Statue. Ergänzt: Nase, Kinn mit Unterlippe, beide Beine ab unterhalb der Knie, untere Hälfte der Statuenstütze, Plinthe. Flickung am linken Oberschenkel. Fehlend (ehemals ergänzt): beide Arme ab oberhalb des Ellbogens. Stützenreste an der linken Schulter, linken Hüfte und am rechten Oberschenkel.
33
Paris, Musée Rodin[125]
Maße: H (o. Pl.) 173 cm.
Torso. Fehlend: Kopf und Hals, linker Arm mit Schulter, rechter Arm ab Mitte des Oberarms, Genital. Oberfläche stark korrodiert.
34
Kopenhagen, Ny Carlsberg Glyptotek 504[126] (Abb. 33. 34. 35)
Maße: H 152 cm; H Pubes – Halsgrube 61 cm.
Statue. Ergänzt: Nase, Genital, linker Oberschenkel. Flickungen am rechten Knie und linken Oberarm. Fehlend (ehemals ergänzt): rechter Arm, linke Hand, Großteil der Keule, beide Beine ab der Knie.
35
Turin, Palazzo Reale[127] (Abb. 36. 37. 38)
Maße: H (o. Pl.) 204 cm.
Herkunft: Rom, Palazzo Maddaleni-Capodiferro[128].
Statue, Teil einer Asklepios-Hygieia-Gruppe. Ergänzt: Nase, Kalotte.
31Keine Repliken sind ein Torso in Tarragona[129] aufgrund abweichender Größe, ein Torsofragment im Vatikan[130], da Replik des Hermes Typus Richelieu, und ein Kopf in Florenz[131], da Replik eines Kopfes in Kopenhagen[132]. Bei einem Torsofragment in Leipzig[133] bleibt die typologische Bestimmung aufgrund der schlechten Erhaltung unsicher. Zweifel sind auch bei einem verschollenen Kopf aus der Sammlung Wallmoden[134] angebracht, dessen Beurteilung durch einen fragmentarischen Abguss in Göttingen ermöglicht wird: Obwohl nur der Vorderteil des Helms erhalten ist, lässt die abweichende Proportionierung der Dekormotive[135] darauf schließen, dass der Helm eine Ergänzung gewesen ist.
Abstracts
Zusammenfassung
Zum Ares Borghese
Jörg Deterling
Gegenstand des Artikels ist der statuarische Typus des Ares Borghese, der auf ein klassisch-griechisches Vorbild zurückgeht und in zahlreichen römisch-kaiserzeitlichen Kopien bekannt ist. Eine genaue Beschreibung des Erhaltungszustands der namengebenden und am besten erhaltenen Kopie sowie ein eingehender Vergleich der bekannten Repliken geben eine bessere Vorstellung des verlorenen Originals. Stilistische Vergleiche verhelfen zu einer Datierung ins Jahrzehnt 430/420 v. Chr. Die alte Zuschreibung an Alkamenes kann nicht untermauert werden; dennoch ist zu beachten, dass der Ares Borghese die einzige Statue dieses Gottes aus dem 5. Jh. ist, die auf einer breiten Kopienbasis rekonstruiert werden kann, und dass er der am häufigsten kopierte nicht-polykletische Typus dieser Zeit ist. Hinsichtlich der Rezeption des Typus in der römischen Kaiserzeit existiert eine ganze Reihe von Umdeutungen, als Bildnisträger (von Kaisern und Privatpersonen) sowie als Herakles und Asklepios.
Schlagwörter
Ares Borghese, opera nobilia, römische Kopien, griechische Plastik
Abstract
Concerning the Ares Borghese
Jörg Deterling
The subject of this article is the statuary type of the Ares Borghese, which is based on a classical Greek statue and known in numerous Roman copies. A precise description of the condition of the eponymous and most complete copy and a detailed comparison of the extant replicas give a better idea of the lost original. Stylistic comparisons help in dating the original to the decade 430/420 B.C. The old attribution to Alkamenes can’t be substantiated, but it is noteworthy that the Ares Borghese is the only statue of this god from the 5th century B.C. which can be reconstructed with numerous copies, and that it is the most often copied non-Polycleitan type from this period. Concerning the reception of the type in the Roman Imperial period, there are several transformations, into portraits (of Imperial and ›private‹ persons) as well as into Herakles and Asklepios.
Keywords
Ares Borghese, opera nobilia, Roman copies, Greek sculpture
Zustandsbeschreibung des sog. Ares Borghese
Kopienkritik
Deutung und Datierung
Umdeutungen
Fazit
Anhang: Replikenliste
Abstracts
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