Typesetting
2021-1
Retrospektive: iDAI.werkstatt@dainst.de
Reflexionen aus der Ersten Arbeitswerkstatt zur Rekontextualisierung und Aufbereitung archäologischer Forschung mit iDAI.world-Systemen
Entstehung und Rahmen
1 Viele unterschiedliche Projekte arbeiten mit den Systemen der iDAI.world , um archäologische Forschung digital aufzubereiten und zu publizieren. Seit 2018 wird insbesondere das neu entwickelte Dokumentationssystem iDAI.field vermehrt genutzt, um aktuelle Grabungsprojekte zu dokumentieren oder »Altgrabungen« aufzuarbeiten und zu (re-)kontextualisieren; der technische Bereich bildet den gemeinsamen Nenner. Die einzelnen Projekte verfolgen jedoch z. T. sehr unterschiedliche Fragestellungen und entwickeln jeweils eigene Methoden und Workflows.
22019 entstand die Idee, einen Rahmen für einen kollegialen Austausch zu schaffen, in dem konzeptuelle Fragen, Probleme und Lösungen gebündelt und in Form von Werkstattgesprächen gemeinsam diskutiert werden können. Projekte, die außerhalb der iDAI.world agieren, sollten ebenfalls die Gelegenheit erhalten, ihre Methoden vorzustellen, um Synergien zu schaffen und mögliche Alternativen zu projektbasierten, technischen (Einzel-)Lösungen zu beleuchten. Dabei sollte der Fokus vor allem auf der praktischen Umsetzung und Datenverarbeitung liegen sowie auf der projektbezogenen oder thematisch übergreifenden, gemeinsamen Diskussion.
3Den Autorinnen, die selbst in unterschiedlicher Funktion mit Systemen der iDAI.world arbeiten, war es ein Anliegen, einen offenen und inklusiven Raum zu schaffen, in dem bewusst eine positive Fehlerkultur durch Feedbackprozesse etabliert wird.
Ziele
4Ziel des ersten gemeinsamen Workshops war es, Projekte standortüber-greifend miteinander in Verbindung zu bringen, einen Überblick über verschiedene Herangehensweisen im Einsatz von Systemen der iDAI.world zu ermöglichen sowie Kolleg:innen neugierig auf den Einsatz und die Möglichkeiten dieser Systeme zu machen. Mittel- und langfristig soll es auch darum gehen, Synthesen zu schaffen: Dazu gehört, aus den praktischen Erfahrungen heraus Best Practice Empfehlungen für zukünftige Projekte hinsichtlich des Einsatzes von iDAI.world-Komponenten zu entwickeln und den Bedarf der Nutzer:innen für die Weiterentwicklung der iDAI.world zu kommunizieren.
5Der Begriff »Arbeitswerkstatt« wurde gewählt, um deutlich zu machen, dass nicht (nur) abgeschlossene oder weit fortgeschrittene Projekte im Fokus des Formats stehen. Forschungsvorhaben an ganz verschiedenen Punkten bzw. Arbeitsstufen konnten präsentiert und diskutiert werden.
Realisierung
6Ursprünglich als eineinhalbtägige Präsenzveranstaltung geplant, musste die Arbeitswerkstatt aufgrund der COVID-19-Pandemie virtuell durchgeführt werden. An insgesamt vier Terminen mit unterschiedlichen Schwerpunkten stellten 23 Referent:innen verschiedener DAI-Standorte sowie externe Gäste ihre Arbeiten zum Thema Rekontextualisierung und Aufarbeitung archäologischer Forschung mit digitalen Systemen vor (Abb. 1). Die Autorinnen moderierten die jeweils dreistündigen Sitzungen abwechselnd in Zweierteams und bereiteten die Ergebnisse für die Nachnutzung in einem DAI-internen Archiv auf. Für die Beiträge waren jeweils 20 Minuten Vortragszeit sowie eine anschließende, zehnminütige, direkte Diskussion zum vorgestellten Thema oder Projekt vorgegeben. Die einzelnen Termine wurden jeweils mit einer allgemeinen Diskussion abgeschlossen.
7Die digitale Durchführung hatte den positiven Nebeneffekt, dass eine Aufzeichnung der einzelnen Präsentationen und Diskussionsbeiträge – sofern die Referent:innen einverstanden waren – ohne zusätzliche Technik möglich war. Die Aufzeichnungen wurden zum Aufbau eines internen Archivs im Confluence-Bereich genutzt. Dieses Archiv enthält auch die Protokolle der einzelnen Sitzungen sowie ein digitales Verzeichnis für einen Schnellzugriff zu Anleitungsartikeln innerhalb und außerhalb der DAI-Wiki, die unmittelbar mit Rekontextualisierung mithilfe von iDAI.world-Systemen zusammenhängen und in der Arbeitswerkstatt häufig an-gesprochen wurden. Hierzu gehörten Begriffe wie Forschungsdatenmanagement (FDM), Data Policies, Dokumentation von Arbeitsvorgängen und -vorhaben, Daten-strukturierung und DAI-Benennungskonventionen (Abb. 2). Diese »Serviceleistung« bedeutete zwar einen nicht unerheblichen Aufwand, macht die Ergebnisse der Ersten Arbeitswerkstatt aber nachnutzbar und ermöglicht so auch zukünftigen Projekten, von den Erfahrungen vorangegangener Peers zu profitieren und diese für eigene Vorhaben zu verwenden.
Beiträge
8Die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und zur Diskussion nutzten in allen vier Sitzungen jeweils ca. 50 Teilnehmer:innen aus den unterschiedlichen Ab-teilungen und Kommissionen des DAI sowie viele externe Gäste. Insgesamt 16 Beiträge wurden präsentiert und diskutiert. Entsprechend divers waren die archäologischen Fragestellungen, Materialgrundlagen und Methoden, die Wissenschaftler:innen in der Ersten Arbeitswerkstatt vorstellten (Abb. 3). Einige Kolleg:innen nutzten die Möglichkeit, um Projekte, die nicht mit iDAI.world-Systemen arbeiten, aber Schnittstellen zu diesen aufweisen (sollen), einzubringen. Andere stellten ihre Projekte und Arbeiten mit einzelnen oder mehreren Modulen der iDAI.world vor. Normdaten sowie Datenmigration, -integration und -repräsentation innerhalb und außerhalb der iDAI.world-Systeme waren übergreifende Themen, sodass sich auch die Beiträge entsprechend thematisch zusammenfassen lassen.
1. Normdaten
9Den Themenblock der Normdaten in der iDAI.world eröffnete Annika Kirscheneder mit ihrem Vortrag zum »Projekt iDAI.thesauri«. Die Referentin gab einen Überblick über die Arbeitsweise des Projektes, bei dem sämtliche Vokabulare aus den Bibliotheken und iDAI.world-Systemen in einem Kompendium, dem iDAI.world Thesaurus, zusammengefasst werden. Die Konzepte im iDAI.world Thesaurus sind in fünf Hierarchiegruppen und elf Facetten unterteilt. Neben bibliographischen Titeln, Metadaten für Bilder und Forschungsdatenmanagement (FDM) soll mit dem semantischen Mapping der Termini auch eine Grundlage für Textmining im iDAI.thesaurus geschaffen werden. Den Metadaten der Projekte sowie der Verknüpfung der Projekte untereinander auf inhaltlicher Ebene fällt eine besonders wichtige Rolle zu. Betont wurde, dass der Thesaurus den Vorteil bietet, Begriffe aus den verschiedenen Systemen nicht nur an einer Stelle zusammenzuführen, sondern auch, dass Definition und Verwendung der Begriffe als Verlinkung zu bedeutungsnahen Begriffen in anderen iDAI.world-Systemen gebündelt dargestellt sind. So wäre auch eine Verwendung und ein Mapping mit Systemen außerhalb der iDAI.world denkbar. Abschließend wurde auf die Wichtigkeit der aktiven Nutzung des Thesaurus verwiesen sowie auf die Möglichkeit, durch die Kommentarfunktion am Inhalt mitzuwirken.
10Der Vortrag von Max Haibt zu iDAI.shapes, einem laufenden Projekt zur Erweiterung der iDAI.world, trug den Titel »Mining Shapes – Daten für einen digitalen Katalog der Formen«. Das Datensammlungs-Tool »Mining Shapes« ist ein skriptbasiertes Werkzeug, mit dem technische Zeichnungen, z. B. Keramikprofile, aus gescannten Buchseiten extrahiert werden können. Die Abbildungen werden, inkl. vollständigen Literaturverweises, für die Feldarbeit als digitaler Katalog für iDAI.field zur Verfügung gestellt.
11Die Extraktion wird durch speziell vortrainierte, künstliche neuronale Netzwerke gelenkt. Es wurde die Open Source Machine Learning Library TensorFlow 2 und das vortrainierte Modell »Faster R-CNN ResNet50 V1 800x1333" aus dem TensorFlow 2 Detection Zoo« genutzt. Die Trainingsdaten für die Modelle werden mit dem Open Source Computer Vision Annotation Tool auf einer DAI-eigenen Plattform händisch erzeugt. Um die vielen tausend Gefäßformen zu durchsuchen, wird durch einen weiteren Algorithmus die geometrische Form einer jeden Profilzeichnung mathematisch charakterisiert und mit allen anderen verglichen. In einer ersten Versuchsanwendung kann man eine Profilskizze zeichnen und bekommt ähnliche Profilzeichnungen angezeigt. Dies könnte die Basis für automatisierte Formerkennung auf Basis von Profilzeichnungen bilden. Zukünftig sollen auch andere Fundgattungen erfasst werden, allerdings sind hierfür deutlich mehr durch Expert:innen annotierte Zeichnungen notwendig. Erste praktische Anwendungen von Mining Shapes wurde bereits im Rahmen von Projekten, wie beispelsweise dem Gadara-Projekt realisiert. Die Schnittstelle zwischen Shapes und den Grabungsfunden liegt in iDAI.field. Hier erfolgt die Typenauswahl und die Referenzierung des betreffenden Fundobjektes. Fundstücke können so miteinander oder auch mit Typen aus einem selbst angelegten Typenkatalog (z. B. Keramik) verknüpft werden (isInstanceOf/hasInstance). Typenkataloge können mit anderen Projekten geteilt werden und, neben der Zuweisung von typologischen Merkmalen die Form betreffend, perspektivisch auch für Dekoration oder Materialeigenschaften verwendet werden. In der anschließenden Diskussion wurde debattiert, ob Fundzeichnungen aus Publikationen (»ghost finds«) in iDAI.shapes und/oder in iDAI.field hinterlegt werden sollten. Eine klar definierte inhaltliche Tren-nung zwischen den Systemen wurde favorisiert.
12Ebenfalls mit Normdaten arbeitet Wenke Domscheit, die mit ihrem Beitrag »Laser aided profiler – Erfahrungen und Perspektiven« ein digitales Masseninventarisierungstool für standardisierte Funddokumentation mit metrischen Daten in der Testphase vorstellte. Im Teilprojekt »NOA – Normdaten für Objekte in der Archäologie« geht es insbesondere um die Sammlung und Digitalisierung von Normdaten, sowie Schnell- und Masseninventarisierungen mit einem Fokus auf Standardisierungen. Der Laser aided profiler (LAP) soll an der RGK bei keramikreichen Grabungen oder Surveys die Fundaufnahme unterstützen. Er verringert den Zeit-aufwand für die zeichnerische Fundaufnahme und nimmt gleichzeitig die metrischen Daten der Objekte in eine Datenbank auf. In einem Testprojekt wird die römische Keramik aus Moers/Asciburgium mit dem LAP digital aufgenommen. Aus diesem Test heraus entstehen Workflow- und Best Practice Hinweise. Das praktische Handling des LAP ist unproblematisch, wobei die proprietäre Kontrollsoftware von den Entwickler:innen noch erweitert und verbessert wird. Eine Übertragung der Normdaten in iDAI.shapes, iDAI.objects und iDAI.field wäre denkbar. In der Diskussion wurde die Verwendung von Software, die nicht auf Open Source Produkten beruht, problematisiert sowie die Anbindung an bestimmte Betriebssysteme, welches die Referentin mit den Entwickler:innen (extern) diskutieren wird.
13David Wigg-Wolf stellte mit dem Beitrag »Online Coins of the Roman Empire (OCRE): Die Rekontextualisierung numismatisch-archäologischer Daten« ein internationales Projekt vor, das stark auf Normdaten in der Numismatik fußt. Durch seine charakteristische Linked Open Data policy ist es jedoch mit diversen Systemen und u. a. iDAI.world-Komponenten interoperabel. Das Kooperationsprojekt stellt einen virtuellen Verbundkatalog für römisch-kaiserzeitliche Münzen und ist nach der Ontologie NOMISMA.ORG aufgebaut, die u. a. helfen soll, die Interoperabilität und die Eingliederung von Daten aus unterschiedlichen Systemen zu gewährleisten. Auch persistente Identifikatoren (DOI) sind inzwischen nachgetragen, was die sichere Zuweisung einer Münze zu einem bestimmten Typ erlaubt. Der Katalog ist darüber hinaus mit iDAI.world-Systemen (gazetteer, bibliography, chronology) sowie Geonames und weiteren externen Numismatikprojekten verlinkt und bietet so einen möglichst großen Referenzrahmen für die Analyse.
2. Datenmigration, Datenintegration und Datenrepräsentation in die bzw. der iDAI.world
iDAI.field
14Vier laufende Projekte zu Datenmigration nach iDAI.field[1] boten mit ihren Beiträgen viel Raum für Diskussion und Austausch. Hanna Hamel, Heike Möller und Luna Watkins sprachen über den Einsatz von iDAI.field im Gadara-Projekt (Nordjordanien), das seit 2001 von Claudia Bührig geleitet wird. In der Präsentation lag der Fokus auf den unpublizierten Daten aus den vergangenen drei Grabungskampagnen und deren Aufnahme in iDAI.field. Ziel der Arbeit ist es zum einen, die Daten aus anderen, proprietären Datenbanksystemen (Kleinfund- und Keramikfunde aufgenommen in einer AccessDB) per CSV-Export in iDAI.field zu migrieren und zum anderen die Grabung anhand der analogen Dokumentation in iDAI.field abzubilden. Initial schien diese Aufgabe problembehaftet, da die Datenaufnahme in den Systemen unterschiedlich und nicht einheitlich strukturiert war. Eine angepasste Umstrukturierung war aus diesem Grund zunächst notwendig, um unterschiedliche Daten in iDAI.field zu mappen. Für die Befunde mussten einige Felder an die Gadara-Grabung angepasst werden, z. B. durch das Erstellen neuer Felder, Kürzung von Wertelisten und durch die Möglichkeit, die Befundkategorie Schnitt (negative stratigraphische Einheit) zu dokumentieren. Die Korrektur der vorhandenen Datensätze sowie ein Probelauf für die praktische Anwendung stehen noch aus. Bezüglich der Funde hat es sich als positiv erwiesen, dass der Umfang der Altdatenbestände überschaubar war und bereits im Vorfeld der Migration wichtige Vorarbeiten zur Strukturierung der Altdatenbestände erfolgt waren. Auch die Befundaufnahme in iDAI.field war bereits durch Projektmitarbeiter:innen erarbeitet worden. Die Migration sah im Detail wie folgt aus:
1. Arbeitsschritte vor Beginn: Mapping der Daten, eine feste Definition der Benennung der Felder und die Konfiguration der Datenbank (iDAI.field)
2. Migration und Nachbearbeitung (zunächst für Keramikfunde): Export der Daten aus Tabellen in iDAI.field, Bereinigung der exportierten Daten, Inhalte in neu hinzugekommenen Feldern wurden ergänzt (teilautomatisiert)
3. Migration der Daten aller Fundgattungen nach dem gleichen Schema: Erfassung und Export wie oben beschrieben, mögliche Fehler bei der Migration müssen nachträglich von den Bearbeiter:innen korrigiert werden
15Als nächste Schritte werden die Verknüpfung von Bildern und Zeichnungen und die Übersetzung von Wertelisten ins Englische genannt. Zudem sollen Typen-kataloge (iDAI.shapes) angelegt werden und iDAI.field soll zukünftig die Grundlage für die Feldarbeit und die Publikation bilden.
16Velia Boecker eröffnete zusammen mit Regina Zimmermann die Vortragsreihe der dritten Sitzung mit dem Titel: »Rekontextualisierung von Befunden und Funden – Die Schatzhausterrasse von Olympia«. Das vorgestellte Projekt hat die Aufarbeitung der Grabungsdokumentation der Schatzhausterrasse im Heiligtum von Olympia mit Hilfe von iDAI.field zum Ziel. Die Dokumentation der frühen Ausgrabung der Schatzhausterrasse wird in iDAI.field zusammengeführt, die Funde und Befunde rekontextualisiert und über die Webversion von iDAI.field digital publiziert. Parallel dazu erfolgt standortübergreifend die Aufarbeitung der Architektur der Schatzhäuser durch den Bauforscher Markus Wolf (Abt. Rom) mit Vorlage im Printformat. Das Vorgehen und die Problematik wurden anhand konkreter Beispiele dargestellt. Herausforderungen bei dieser Art von Rekontextualisierung von Altgrabungen sind – wie die Vortragende es treffend bezeichnet – »Dateninseln«, die zusammengeführt und in akribischer Arbeit miteinander in Verbindung gesetzt werden müssen. Für die Schatzhausterrasse in Olympia sind das vor allem die Grabungstagebücher der Jahre 1875 bis 1881, handschriftliche Inventarlisten sowie Publikationen der 1890er-Jahre zu den Grabungsergebnissen. Hinzu kommt die Dokumentation der wieder aufgenommenen Grabungen ab 1936, monographische Veröffentlichungen sowie eine Funddatenbank (FileMaker) und Bildbestände der Olympia-Grabung. Viele Objekte und Bilder der Grabung sind bereits in iDAI.objects erfasst. Als Zwischenbilanz ist deutlich geworden, dass iDAI.field sich als technisches System für die Rekontextualisierung der Befunde und Funde der Schatzhausterrasse von Olympia eignet. Nach demselben Vorgehen könnten auch andere Bereiche der Olympia-Grabung dort verarbeitet und rekontextualisiert werden. Wenn Planungs- und Vorbereitungsschritte, wie eine vollständige Digitalisierung der Grabungsdokumentation vor der Implementierung in iDAI.field beachtet werden, eignet sich das Tool ebenso für ähnlich gelagerte Projekte zur Aufarbeitung von »Altdaten«.
17Juliane Watson fasste die Arbeiten zu »Datenmigration Kalapodi – iDAI.field (FileMaker) zu iDAI.field« zusammen, in Vertretung der Kollegen, die mit der Abteilung Athen zusammen die Migration der Daten aus FileMaker realisierten. Der Ablauf umfasst den Export der Daten aus iDAI.field (FileMaker) in Tabellenform und Datenbereinigung mit hierfür vorgesehenen Tools, z. B. OpenRefine. Es folgt das Mapping der Daten, d. h. die Anpassung des ursprünglichen Datenbankschemas auf das neue Schema von iDAI.field. Hiernach erfolgt der sukzessive Import per CSV, und zwar in hierarchischer Abfolge: Places, Trenches, Features, Finds. Die Hierarchie wird durch eine parent-child-relation angegeben. Durch dieses Projekt konnte ein großer Teil der Datenbank (über 6.800 Ressourcen und mehr als 22.000 Bilder) migriert werden, inklusive von Geodaten, die vorher nicht in der Datenbank enthalten und verknüpft waren. Die primären Probleme bei der Durchführung ergaben sich aus der Kommunikation zwischen den beteiligten Parteien während des Migrationsablaufs, unklarer Projektstruktur und Fragen der Verantwortlichkeiten. Es war zum Teil nicht klar, wer Entscheidungen zur Löschung einzelner Felder oder deren Verortung in der neuen Datenbankstruktur treffen kann, wer Duplikate identifiziert, Arbeitspakete definiert und abnimmt oder auch klären kann, welche Teile der Datenbank miteinander in Verbindung stehen (Kreuztabellen). Die Referentin empfahl für zukünftige Projekte dieser Art eine klare Benennung von Projektleiter:innen, Entscheidungsträger:innen und Ansprechpersonen sowie die Dokumentation von Entscheidungsprozessen. Planungs- und Durchführungsprozesse sollten begleitend dokumentiert werden, vor allem in Bezug auf die Datenbereinigung und das Mapping. Für Nachjustierungen sollte ebenfalls Zeit und Personal berück-sichtigt und der Migrationserfolg sollte evaluiert werden. Gegenwärtig gibt es noch Felder in der Datenbank (»fixMe«), die weitere Arbeitsschritte erfordern. Die Migration der Kalapodi-Daten ist in Form eines internen Abschlussberichtes vorgelegt worden, sodass die Erfahrungswerte auch für andere Projekte herangezogen werden können. Für zukünftige Projekte konnte anhand dieses Beispiels gezeigt werden, dass nicht nur die Expertise der migrationsausführenden Personen notwendig ist, sondern auch die Einbindung der Projektbeteiligten, die sich mit der inhaltlichen Erschließung der Daten (nicht nur einzelne Datensätze, sondern auch Bildmaterial, Geodaten etc.) auskennen und verbindliche Auskunft geben können. Zudem ist erneut auf die turnusmäßige Dokumentation der Arbeitsschritte, Entscheidungen, Änderungen und Personalwechsel hinzuweisen.
18Therese Burmeister und Michelle Greif stellten das Projekt »Rekontextualisierung der Altgrabung Kalapodi (Griechenland), Teilprojekt Berlin« vor, dessen Ziel die Aufarbeitung der analogen Grabungsdokumentation der Ausgrabung ist. Initiiert wurde das Projekt durch die Präsidentin des DAI und wird in Kooperation mit dem Archiv der Abteilung Athen (Dimitris Grigoropoulos und Michelle Greif) sowie der Leitung der Kalapodi-Grabung durchgeführt. Im ersten Schritt erfolgt die Erfassung und Digitalisierung der weitestgehend unpublizierten Unterlagen der Grabung von Rainer Felsch (1973–1982) am Standort Berlin bzw. in Deutschland. Diese aufgenommenen Daten sollen dann in iDAI.field erschlossen und rekontextualisiert werden. Aus den sich ergebenden Workflows sollen allgemeingültige Standards zur Aufarbeitung von Altgrabungen des DAI erarbeitet und diskutiert werden. Das Teilprojekt ist in acht Projektschritte gegliedert. Meilenstein 1 war das Zusammentragen der vorhandenen Dokumentation, bestehend aus etwa 40 Ordnern mit Grabungsdokumentation, ca. 25.000 Dias und Bildnegativen sowie elf Inventarheften. Des Weiteren ist noch ein umfangreiches Konvolut aus der Fundbearbeitung der Keramik von Karin Braun erfasst worden. Die archivalische Erschließung erfolgte als Meilenstein 2/3 durch die Benennung und Ablage nach Vorgaben des Athener Archivs in AtoM. Von dort ausgehend wurde ein Digitalisierungsauftrag an einen lokalen Dienstleister erteilt. Dieser Schritt erfolgte zur Zeit des Vortrags und ist gegenwärtig nach Konvoluten aufgeteilt in den Meilensteinen 4–6. Ende 2020 wurde Meilenstein 7 – Qualitäts-kontrolle der Digitalisate – abgeschlossen. Alle Daten wurden auf der DAI-Cloud gespeichert. Gegenwärtig befindet sich das Teilprojekt Berlin in der Erschließungs-phase (Meilenstein 8). Die Metadatenerfassung erfolgt für die Fotoinventarhefte, Diapositive und Negative sowie die schriftliche Dokumentation. Die sich hieraus ergebenen Fragen werden laufend während der Erfassung erörtert. Hierzu gehören beispielsweise Themen wie ein sinnvolles Extrahieren von Informationen für eine Rekontextualisierung in iDAI.field, die notwendigen Justierungen und Konfigurationen in der Software für Projektanpassungen sowie die Frage nach geeigneten Datenformaten. Hier schloss das Teilprojekt Athen mit einem Arbeitsbericht von Michelle Greif an. Die Digitalisierungsarbeiten der Materialien im Archiv der Abteilung Athen sind 2020 abgeschlossen worden und z. T. auf Objektebene bereits in iDAI.archives aufgenommen. Gegenwärtig wird dort an der Konfiguration der notwendigen Felder und Änderungen in iDAI.field gearbeitet. Ein ungelöstes Problem ist, dass ein Befund nicht in mehreren Schnitten angelegt werden kann (Anm. der Autorinnen: Dieses Problem wurde mit der Version 2.19.3 behoben).
iDAI.objects
19Shabnam Moshfegh Nia und Ute Kelp stellten den Ablauf einer objektbezo-genen (Re-)Kontextualisierung mit iDAI.objects anhand des Projektes »Grabdenkmäler aus Augusta Treverorum, digital vernetzt« vor. Das Kooperationsprojekt wurde im Rahmen einer Digitalisierungsinitiative des BMBF von 2018 bis 2020 durchgeführt. Für iDAI.objects war es ein Pilotprojekt für die Integration von 3D-Modellen. Das Vorhaben fußt auf einem DFG-Projekt, in dem 1900 Fundobjekte in einer FileMaker-Datenbank aufgenommen und zum Teil 3D-gescannt wurden. Im Rahmen des BMBF-Projektes kamen 22.000 Glasplattennegative im Rheinischen Landesmuseum Trier sowie weitere Archivalien dazu, die in iDAI.objects zusammengeführt und publiziert werden sollen. Beispielhaft wurde anhand dieses Projektes dargelegt, dass Datenüberführungen in digitale Verwaltungs- und Publikationssysteme im Web weitaus komplexer sind, als allgemein angenommen wird. Daten(bank)überführungen in digitale Systeme sind keine rein technischen Vorgänge. Hinter Datenintegrationen stehen individuelle, projektspezifische Konzeptionierungen sowie Vorbereitungs- und Anpassungsprozesse, die ein Projekt zeitlich und personell weitaus mehr herausfordern als der rein technische Import von Daten durch Knopfdruck. Für einen Migrationsverlauf müssen die Daten nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich verstanden werden – daher wurde betont, dass eine Migration keine Dienstleistung durch eine einzelne Person oder den programmiertechnischen Bereich der Systeme sein kann, sondern nur durch Kollaboration, Kommunikation und Dokumentation der Arbeitsziele, -inhalte und -fortschritte mit allen Projektbeteiligten realisierbar ist.
20Marcel Riedel berichtete im Vortrag »Vom fertigen Manuskript zum digitalen Supplement. Erfahrungen und Probleme aus den DAI-Redaktionen« über seine Arbeiten mit der von ihm entwickelten Webanwendung ArachneImportAppX (AIAX), ein Import- und Stapelverarbeitungsprogramm für iDAI.objects. Mithilfe von AIAX können Objekt- und Katalogdatensätze in iDAI.objects auf der Grundlage von Tabellen angelegt und mit Text, Objekt-, Orts-, Datierungs-, Literaturverweisen und weiteren Verknüpfungen befüllt werden. AIAX dient außerdem zur Verarbeitung von iDAI.objects-Bildverzeichnissen und -Bildmetadaten für die strukturierten und baumstrukturierten Bestände. Die Anwendung steht registrierten iDAI.objects-Nutzer:innen mit Bearbeitungsrechten offen. Mit »digitalem Supplement« ist ein erweiterter Onlinekatalog gemeint, der nicht mehr ausschließlich in gedruckter Form erscheint, sondern als digitaler Objektkatalog in iDAI.objects verfügbar ist. Der Referent konstatiert, dass für die Aufbereitung digitaler Supplemente i. d. R. noch eine relativ zeitintensive Vorstrukturierung der Ausgangsdaten sowie grundlegende Kenntnisse des Datenmodells von iDAI.objects erforderlich sind. Mit AIAX können aber bereits verschiedene Prozesse (teil-)automatisiert werden, was den Zeitfaktor erheblich verringert. Eine integrierte Step-by-Step-Anleitung, eine Felddokumentation sowie diverse Tabellenvorlagen erleichtern zudem den Einstieg in AIAX und iDAI.objects für die Nutzer:innen.
3. Datensysteme außerhalb der iDAI.world
21Vier weitere laufende Projekte, die nicht mit iDAI.world-Systemen arbeiten, wurden vorgestellt und bereicherten so den Workshop sowie die Diskussionen. Sarah Japp und Josephine Schöneberg trugen zur »Umstellung der Dokumentation und Migration des Datenbestandes der Außenstelle Sanaa – webbasierte Datenbank und GIS« vor. Die breite und diverse Datenbasis, die sich aus analogen und digitalen Daten zusammensetzt, stammt aus unterschiedlichen Grabungen, Surveys sowie Archiven und Nachlässen. Bis dato getrennte Projekt-/Datenstrukturen wurden 2007 in eine gemeinsame Datenbank überführt, wobei z. B. Tagebücher, 3D-Daten und Geodaten vorerst nicht in die Datenstruktur übernommen wurden oder werden konnten. Parallel dazu wurde mit AYDA (Ancient Yemen Digital Atlas) ein GIS-basiertes Denkmalinformationssystem aufgebaut, in dem versucht wird, diverse Daten zu bün-deln und zugänglich zu machen. Nach diesem Vorbild soll auch AEDA (Ancient Ethiopia Digital Atlas) folgen. Über den Gazetteer und den iDAI.geoserver werden Daten auch in die iDAI.world integriert. Anstelle des bislang genutzten, proprietären Programms Fotostation wurde ein eigenes Tool entwickelt, das die entsprechenden Funktionen, u. a. Fotos und ihre Metadaten zu verwalten und stapelweise zu verarbeiten, bietet. Das Tool wird auch dazu verwendet, digitalisierte Altdaten des Projektes (gemäß den Archivrichtlinien des DAI) aufzubereiten. Im Aufbau befindet sich ein zentrales Fotoverzeichnis/-archiv, das mit AYDA verknüpft ist und den Zugriff von AYDA auf die Bildbestände ermöglicht. Bei der Umstellung von der früheren Datenbank iDAI.field (FileMaker) auf das neu entwickelte iDAI.field wurde ein Migrationstool programmiert, um den Altdatenbestand diverser Datenbanken in iDAI.field zu überführen. Zu einer vollständigen Migration der Daten kam es jedoch nicht. 2019 wurde mit der Entwicklung einer webbasierten Open Source Grabungsdatenbank begonnen, die mit AYDAWeb/AEDAWeb verknüpft werden soll. Die Datenbank wurde nach dem Vorbild von iDAI.field entwickelt, enthält jedoch auch neue Felder und Tabellen und neue Verknüpfungsmöglichkeiten, z. B. von Ausgrabungsschnitten mit Bauwerken, und ist stärker auf die Bedürfnisse des Projektes zugeschnitten.
22Katja Rösler sprach über »Die Rekontextualisierung von Objektkatalog und Objektklassifikation: Der Conspectus Formarum Terrae Sigillatae Italico Modo Confectae im WWW«. In diesem neuen Projekt geht es um die Transformation publizierter Corpora in digitale Datensammlungen. Die Auswahl erfolgt mit Blick auf die Allgemeingültigkeit, die langfristige Nutzbarkeit und die Publikationsrechte. Der Conspectus Formarum Terrae Sigillatae Italico Modo Confectae (Conspectus) ist ein Compendium, das Terra Sigillata-Keramik nach Formen gruppiert und von der RGK (Römisch-Germanische Kommission) 1990 publiziert wurde. Seine digitale Erschließung soll als Tool zur Ansprache von Objektformen der Fachwelt über die iDAI.world zugänglich gemacht werden. Das Projekt erschließt den Conspectus mitsamt seiner Klassifikationssystematik und standardisierten Zeichnungen digital und entwickelt neue virtuelle Formen der Datenrepräsentation. Ziel ist es, die Ortsdaten, Datierungen, Literaturangaben, Beschreibungen und Abbildungen des Conspectus in die bestehenden Module der iDAI.world, den iDAI.gazetteer, iDAi.chronontology, iDAI.bibliography sowie iDAI.objects, zu integrieren. Über eine in die iDAI.world eingebundene, projektbezogene Webpage sollen diese Daten abrufbar gemacht werden. Services wie iDAI.field und das noch in Entwicklung befindliche Modul iDAI.shapes werden die Daten des Conspectus ebenfalls abrufen und gemäß ihrem thematischen Schwerpunkt zusammenführen können.
23Frederic Auth berichtete über das Projekt »Die Rekontextualisierung eines Corpus: Der Corpus der römischen Funde im europäischen Barbaricum als erweiterbare Online-Datenbank«. Der mehrbändige (analoge) Corpus der römischen Funde im europäischen Barbaricum (CRFB) wird derzeit als »Ding-Edition« in eine Onlinedatenbank überführt. Ein Teil der Objekte (Fundmünzen) ist bereits im Projekt »Antike Fundmünzen in Europa (AFE)« aufgenommen und wird im (digitalen) CRFB nur als Rumpfdatensätze erfasst. Die Katalogeinträge des CRFB enthalten Angaben u. a. zu Orten, Kontexten, Chronologie, Literatur und naturwissenschaftlichen Analysen. Diese Daten sollen in die Onlinedatenbank überführt und als Linked Open Data bereitgestellt werden. Die erweiterbare Onlinedatenbank soll darüber hinaus Suchfunktionen, Kartierungen und weitere Vernetzungen – auch innerhalb der iDAI.world – bieten. Die Daten des CRFB sind bereits digitalisiert, werden in das relationale Datenbankmodell übertragen und in der Ansprache vereinheitlicht. In einem ersten Schritt sollen Kerndaten online gestellt werden, in einem weiteren Schritt sollen sog. Sammellisten sowie »Beifunde« individualisiert und aufgenommen werden, was die Menge der Datensätze schätzungsweise verzehnfachen wird. Über die analoge Version des CRFB hinausgehend, soll in der Onlinedatenbank jedes Objekt mit einer typochronologischen Ansprache versehen werden. Dafür wurde ein Modul entwickelt, das auch Konkordanzen abbildet und das Normvokabular des CRFB bereitstellt. Über Schnittstellen soll die Online-Datenbank an iDAI.objects, iDAI.gazetteer, iDAI.vocab, iDAI.chronontology und iDAI.bibliography angebunden werden. Eine Verlinkung zwischen den Datensätzen von AFE und CRFB ist geplant.
24Holger Baitinger und Azzurra Scarci hielten einen Kurzvortrag zu »Olympia – Diachrone Entwicklung der Votivgaben vom 10. bis 5. Jahrhundert v. Chr.: Die Waffen [DFG-Project BA 3197/1-1]«. In Kooperation haben das DAI und das RGZM von 2017 bis 2020 eine holistische und komparative Auswertung der Votivgaben im Heilig-tum in Angriff genommen. Kernfragen des Projektes galten den historisch-sozialen Veränderungen, die sich im Votivbestand erkennen ließen, sowie der Provenienz der Votive. Arbeitsinstrument war eine FileMaker-Datenbank, in der die Funde der Olympia-Grabung sog. Makroarealen zugewiesen wurden. Die Visualisierung erfolgte als Heat-map. Knapp 3000 Waffenfunde konnten chrono-typologisch ausgewertet und datiert werden. Die Auswertung ergab, dass Panzer, Arm- und Beinschienen im Vergleich zu Schilden und Helmen im Fundbestand unterrepräsentiert sind. Außerdem ließ sich eine Varianz in der Fundverteilung erkennen, die sich ab Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. im Stadion und in den Brunnen des Heiligtums konzentrierten. Perspektivisch wäre es sinnvoll, den FileMaker-Datenbestand in iDAI.field zu überführen, zu ergänzen und dort auch die räumliche Zuordnung nach Makro-Arealen zu übernehmen.
4. Über den F.A.I.Ren Umgang mit Daten
25Einen in Bezug auf Datenverarbeitung wichtigen Vortrag hielt Juliane Watson über die »Dokumentation von Arbeitsprozessen & Bereinigung von Daten«, wobei die Fragen: Warum?Für wen?Wie/womit? im Zentrum standen und den Dokumentationsprozess begleiten. Ziel muss sein, dass die Daten über das Projekt hinaus nachvollziehbar und bewertbar bleiben. Sie sollten von nicht involvierten Personen verstanden und analysiert werden können. Die Ablage und Beschriftung der digitalen Daten sollten einheitlich, systematisch sowie menschen- und maschinenlesbar sein. Begleitend dazu empfiehlt es sich, in einer Readme.txt-Datei alle Informationen zur Dokumentation zu speichern, um ein grundlegendes Verständnis für die Struktur der Dokumentation zu gewährleisten. Als Tool zur Datenbereinigung wurde das Open Source Tool OpenRefine empfohlen, eine Schulung schloss sich an die Erste Werkstatt am 26./29.03.2021 an, in der Best Practice Empfehlungen im Übungskurs mit Interessent:innen umgesetzt wurden.
26Shabnam Moshfegh Nia und Julia Schönicke berichteten mit dem Beitrag »Überführung von Forschungsdaten eines Langzeitprojektes in unterschiedliche iDAI-Systeme« vom Vorhaben des DFG-Projektes »Göbekli Tepe«, das am DAI beheimatet ist. Ziel ist es, die Gesamtheit der Forschungsdaten unter Einbezug der F.A.I.R-Prinzipien als Leitlinie in die vorhandene IT-Infrastruktur des DAI zu überführen. An der Erforschung der 1963 entdeckten Fundstelle in Ost-Anatolien sind verschiedene Institutionen beteiligt, entsprechend verteilen sich die Forschungsdaten auf verschiedene Länder und Einrichtungen. 2017 wurde das Grabungssystem modifiziert, sodass eine Aufgabe der laufenden Projektphase die Integration von Altdaten (analog und digital) in ein neues System ist. Eine besondere Herausforderung bei dem Langzeitprojekt ist, dass es lange kein strukturiertes Datenmanagement gab und dass die Daten personell bzw. für einzelne Teilbereiche des Projektes isoliert vorgehalten wurden. Daraus resultierten inkonsistente Benennungen der Daten, Dubletten sowie unstrukturierte bzw. leere Verzeichnisse. Für die Überführung der Forschungsdaten in die Systeme der iDAI.world wurde daher ein Fahrplan erstellt, der sich aus
a) Datensichtung, Datenstrukturierung, Zusammenführung der verschiedenen Verzeichnisse,
b) dem Aufsetzen einer verbindlichen dokumentierten Verzeichnisstruktur sowie
c) der Erstellung eines begleitenden Leitfadens im projekteigenen Confluence-Wiki zusammensetzte.
27In einem zweiten Schritt wird eine Bestandsaufnahme der analogen Daten durchgeführt. Nach Abschluss der Aufnahme werden diese mit den bereits vorhandenen digitalen Daten abgeglichen, um zu prüfen, welche Daten noch digitalisiert werden müssen. In einem weiteren Schritt erfolgen die Standardisierung und Normalisierung der Daten mit einer einheitlichen Nomenklatur nach DAI-Standard. In einem letzten Schritt soll die Überführung der Daten in standardisierte Systeme (iDAI.archives, iDAI.objects, iDAI.field, iDAI.geoserver) stattfinden. Essenziell für die Umsetzung der Strategie ist die kontinuierlich begleitende Dokumentation der Entscheidungsprozesse und Workflows im Confluence-Wiki sowie die laufende Kommunikation und Schulung der Projektmitarbeiter:innen.
Bilanz
28Die wiederholte Ansprache ähnlicher Vorgehensweisen und Problematiken in unabhängig voneinander entwickelten Projekten verdeutlicht, dass der gewählte Rahmen des Formats sich mit den realen Bedarfen deckt. Die wissenschaftliche Arbeit mit den Systemen der iDAI.world bietet eine gemeinsame Diskussions- und Arbeitsbasis der meisten Beiträge. Die einzelnen Projekte entwickeln jedoch, abhängig von ihrer Fragestellung und ihrem Fokus, eigene Methoden und Workflows. Insbesondere drei Bereiche wurden wiederholt thematisiert und sollen hier synthetisierend zusammengefasst werden.
Datenmigration als Rekontextualisierung und als Wissenschaftsleistung
29Datenmigration ist nicht nur durch sich ändernde technische und methodologische Bedarfe in der Archäologie ein Thema und wird es weiterhin bleiben; die Beiträge, welche diese Thematik beleuchteten, zeigen klar, dass eine Migration nicht als nur technischer Prozess gesehen werden darf: Es muss bedacht werden, dass im Moment der Migration und Rekontextualisierung eine Grabung neu gedacht wird, genauso wie es innerhalb einer Grabung manchmal zu einer Änderung der Logik kommen kann, wenn Systeme geändert werden. Das bedeutet nicht nur eine digi-talisierte, strukturierte Ablage des Grabungsarchivs in einer Archivsoftware, sondern auch neue Denkprozesse, um die Verknüpfungen und die Logik der Zusammenhänge darzustellen bzw. zu publizieren. Daten werden neu geordnet, verknüpft, bereinigt und bearbeitet. Dieser Prozess bedarf einer fachlichen Begleitung und einer intensiven Auseinandersetzung mit dem vorhandenen Material.
Datenmigration und Rekontextualisierung als Kollaboration
30Der Stellenwert der Kollaboration bei Datenmigrationen wie auch die Notwendigkeit, den Aufwand bei der Budget- und Zeitplanung zu bedenken, wurde mehrfach unterstrichen und sollte bei der Planung ähnlich gelagerter Projekte unbedingt bedacht werden. Ein obligatorischer Projektmanagementplan sowie ein Projektregister und ein Datenmanagementplan (DMP) wurden als wichtige Punkte für den weiteren Weg in die iDAI.world genannt. Ebenfalls als wichtig wurden der Austausch untereinander und die Partizipation an den Erfahrungswerten bestehender Projekte festgehalten. Die Autorinnen werden diesen Weg im Rahmen einer zweiten Arbeitswerkstatt Ende 2021 weiterverfolgen. Zudem ist der Kommunikationsprozess weiter zu fassen. Jeder neue Bestandteil der iDAI.world bietet nicht nur neue Möglichkeiten zur Datenrepräsentation und -aufnahme, sondern ist auch in die Gesamtentwicklung eingebunden. Die Systeme, welche zu Beginn eines Projektes vielleicht als nicht relevant betrachtet werden, können später enorme Wichtigkeit erlangen. Ist eine Verbindung zu den Normdatensystemen beispielsweise nicht von Beginn der Datenaufnahme an mitgedacht, erhöht sich der Aufwand, sie im Nach-hinein einzubinden, erheblich. Daher ist die Kenntnis der Systeme bereits bei der Planung des Projektes und der Datenhaltung sowie deren Publikation vonnöten. Neue Features können nicht ad hoc angegangen werden, es bedarf eines geregelten Prozesses. Für die Entwicklung der Systeme der iDAI.world werden Tickets mit Wünschen oder Problemen durch die Nutzer:innen angelegt, welche dann von der IT bewertet und priorisiert werden. Die Kommunikationsabläufe sollten klar kommuniziert und weiter ausgebaut werden, beispielsweise durch den Bereich Forschungsdatenmanagement an der Abteilung der Zentralen Wissenschaftlichen Dienste als Schnittstelle zwischen IT und Forscher:innen.
Datenmigration, Rekontextualisierung und Nachhaltigkeit
31Die Entwicklung paralleler, technischer Systeme ist finanziell und sicherheitstechnisch ein Problem. Insbesondere, da eines der Hauptziele bei der Datenpublikation und -darstellung die Nachnutzbarkeit massiv beeinflusst. Die Integration der Daten in die iDAI.world und die Übertragbarkeit der entwickelten Tools sollte für jedes Projekt ein Ziel sein und auch jenseits der Arbeitswerkstatt weiter besprochen werden. Technische »Insellösungen« können zukünftig entweder an die iDAI.world angebunden oder administriert werden oder werden irgendwann nicht mehr abrufbar sein. Besonders in Hinblick auf stark personalisierte Datenmodelle ist dies zu problematisieren. Die Data-Policy des DAI verpflichtet zur Einhaltung der FAIR-Prinzipien. Der Aufbau und die Nutzung dauerhafter IT-Infrastrukturen (wie der iDAI.world) sichern die Nachnutzbarkeit und Nachhaltigkeit der Daten.
32Das gesamte Thema Forschungsdatenmanagement hängt unumgänglich mit den Systemen der iDAI.world zusammen und sollte bei den Arbeitsprozessen mit einbezogen werden. Die laufenden Forschungsarbeiten sind als Pilotprojekte zu verstehen, welche wegweisend für eine fachlich und technisch exzellente Rekontextualisierung archäologischer Forschung in all ihren Facetten stehen kann.
Resonanz der iDAI.werkstatt
33Vor Abschluss der Ersten Werkstatt wurde mit allen Teilnehmenden in der dritten Sitzung eine interaktive Evaluierung des Formats, der fokussierten Themenbereiche und der Organisation durchgeführt. Zentral bei dieser Abfrage war, ob und wie eine Weiterführung des Workshops gewünscht ist.
34Das Interesse an einer Fortführung des Formats war groß. Eine Umfrage unter den Teilnehmer:innen zur Themensetzung der nächsten Arbeitswerkstatt ergab, dass Informations- und Diskussionsbedarf für viele Themenfelder besteht (Abb. 4). Nicht alle Themen werden sich im Rahmen der nächsten Arbeitswerkstatt integrieren lassen. Einige davon werden jedoch sicherlich aufgegriffen, um den Rahmen entsprechend des Bedarfs anzupassen und zu erweitern. Mit dem 2019 eingerichteten Bereich Zentrale Wissenschaftlicher Dienste (ZWD), insbesondere durch den Bereich Forschungsdatenmanagement (FDM), wird ein Teil dieser Bedarfe bereits gedeckt und die Resonanz an die zuständigen Kolleg:innen weitergeleitet.
35Für die Ausrichtung der nächsten Arbeitswerkstatt planen die Organisatorinnen den Wünschen der Teilnehmer:innen gemäß (Abb. 5) ein Format, das auch praktische Übungen enthalten soll. Möglichkeiten zum gezielten Austausch und Networking, z. B. in Form von Break-Out-Sessions im Vortragsteil, werden weiter gedacht. Follow-Up-Vorträge zur Ersten Arbeitswerkstatt sorgen für Kontinuität und langzeitige Perspektive auf verschiedene Projekte.
36Nach Möglichkeit soll die Arbeitswerkstatt zur Rekontextualisierung und Aufarbeitung archäologischer Forschung mit iDAI.world-Systemen jährlich organisiert und durchgeführt werden. Die Zweite Arbeitswerkstatt planen die Autorinnen für das Jahr 2022 in Präsenz bzw. als hybride Veranstaltung.
37Die Organisatorinnen bedanken sich herzlich für das große Interesse und die rege Partizipation an der Ersten Werkstatt sowie die zahlreichen Beiträge, die einen guten Start in das gedachte Format ermöglicht haben.
Abstracts
Abstract
Retrospective: iDAI.werkstatt@dainst.de
Reflexions from the first workshop on the recontextualization and processing of archaeological research with the iDAI.world Systems
Velia Boecker, Therese Burmeister, Shabnam Moshfegh Nia, Juliane Watson
Many different projects work with the systems of the iDAI.world to digitally process and publish archaeological research and research data. Since 2018, the newly developed documentation system iDAI.field has been increasingly used to document new excavation projects or to process and (re)contextualize old excavations. In fall/winter 2020/2021, the first virtual workshop on »Recontextualization and Processing of Archaeological Research with iDAI.world-Systems« (original title: »Rekontextualisierung und Aufbereitung archäologischer Forschung mit iDAI.world-Systemen«) took place to provide an opportunity for exchange of experiences and discussion.
Entstehung und Rahmen
Ziele
Realisierung
Beiträge
1. Normdaten
2. Datenmigration, Datenintegration und Datenrepräsentation in die bzw. der iDAI.world
iDAI.field
iDAI.objects
3. Datensysteme außerhalb der iDAI.world
4. Über den F.A.I.Ren Umgang mit Daten
Bilanz
Datenmigration als Rekontextualisierung und als Wissenschaftsleistung
Datenmigration und Rekontextualisierung als Kollaboration
Datenmigration, Rekontextualisierung und Nachhaltigkeit
Resonanz der iDAI.werkstatt
Abstracts